Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
auf sogenannte Routineverkehre dagegen grundsätzlich das BND-Gesetz Anwendung gefunden habe, insbesondere dessen § 2 Abs. 1 und § 33774 [siehe hierzu unter F.II.4.]. Die nach letzteren Vorschriften gewonnenen Daten unterlagen zusätzlich dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).3775 Das Verfahren für G 10-geschützte Teilnehmer war deutlich restriktiver als jenes für die Routineaufklärung, wie der Zeuge Dr. Stefan
Burbaum, der von Ende 2003 bis Anfang 2005 G 10-Beauftragter des BND war,3776 geschildert hat:
„Das heißt zum Beispiel, ich muss bei G 10-Verkehren, allein schon rechtlich bedingt,
erst mal entscheiden: Habe ich einen genehmigten Suchbegriff in dem Verkehr? Wenn
ich ihn nicht habe, muss ich den Verkehr vernichten. Ich unterliege dann einem weiteren Prozedere, das ich bei Routineverkehren auch nicht habe: Ich muss dann den
G 10-Verkehr, so ich ihn denn behalten möchte, kennzeichnen. Ich muss prüfen, ob
ich die personenbezogenen Daten darin behalten möchte oder nicht. Wenn ich sie behalten möchte, muss ich eine Mitteilung an den Betroffenen darüber machen. All das
sind Dinge, die im Bundesdatenschutzgesetz anders geregelt sind – bis hin zu den Unterrichtungspflichten an die G 10-Kommission natürlich, denen man bei Nicht-G 10Verkehren logischerweise auch nicht unterliegt.“3777
Der BND berichtete nach § 12 BNDG in der bis zum 30. Dezember 2016 gültigen Fassung dem Bundeskanzleramt bzw. den betreffenden Bundesministerien insbesondere mit Lageberichten und Analysen zu Informationen mit außen- und sicherheitspolitischer Relevanz. Der Fernmeldeaufklärung kam dabei die Rolle eines
„Mittels zur Schaffung von nachrichtendienstlichem Mehrwert“ zu.3778 Dabei war „strategische Aufklärung“
nach § 5 Artikel 10-Gesetz ein „Krisenfrüherkennungsinstrument“ des BND.3779 Bei ihr ging es um die Aufklärung von Gefahrenbereichen, um etwa bisher unbekannte Gefahren, unbekannte Vernetzungen oder Finanzierungs- und Beschaffungsstrukturen z. B. im Bereich Proliferation zu erkennen. Telekommunikationsmerkmale deutscher Staatsangehöriger durften nicht „gezielt gesteuert“3780 werden.3781 Während die G 10Erfassung gemäß § 5 Artikel 10-Gesetz gefahrenbereichsbezogen erfolgte, war die Erfassung nach § 3 Artikel 10-Gesetz personenbezogen.3782
Konkret waren beispielsweise im Juli 2010 durch das Bundesministerium des Innern Beschränkungen i. S. d.
Artikel 10-Gesetzes zur Aufklärung folgender drei Gefahrenbereiche aus den damals insgesamt sieben in § 5
Abs. 1 Artikel 10-Gesetz aufgeführten Gefahrenbereichen angeordnet:
–
Begehung internationaler terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik
Deutschland (Internationaler Terrorismus)
3774)
3775)
3776)
3777)
3778)
3779)
3780)
3781)
3782)
Dr. Burbaum, Protokoll-Nr. 24 I, S. 24 f.
Dr. Burbaum, Protokoll-Nr. 24 I, S. 23.
Dr. Burbaum, Protokoll-Nr. 24 I, S. 5.
Dr. Burbaum, Protokoll-Nr. 24 I, S. 23.
A. F., Protokoll-Nr. 41 I, S. 98.
A. F., Protokoll-Nr. 41 I, S. 103.
A. F., Protokoll-Nr. 41 I, S. 103.
A. F., Protokoll-Nr. 41 I, S. 103 f.
Folie einer Präsentation im Rahmen der G 10-Schulung des BND vom 3. November 2010, MAT A BND-22c, Bl. 7 (16), (VS-NfD
– insoweit offen).