Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Auch wenn die Verarbeitung im Inland stattfinde, handele es sich um eine „Informationsgewinnung über das
Ausland“.3715
Zur Frage, inwieweit dem in der Norm verwendeten Begriff „erforderlich“ ein begrenzender Charakter zu
entnehmen ist, hat die sachverständige Vertrauensperson Dr. Graulich ausgeführt:
„Der BND ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BNDG mit der Aufklärung beauftragt, soweit die
dazu führenden Informationen ‚erforderlich‘ (zur Aufgabenerfüllung)‘ sind. Das
Merkmal ‚erforderlich‘ ist Handlungsvoraussetzung und drückt in diesem Zusammenhang nicht eine Begrenzung nach Art des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aus; es beschreibt im Gegenteil die geringsten Handlungsvoraussetzungen. Der Aufklärungsauftrag des BND geht über denjenigen etwa der Polizei insoweit hinaus.
Insbesondere fehlt der Aufgabennorm in § 1 Abs. 2 Satz 1 BNDG – i.U. zur Befugnisnorm in § 3 BNDG – die im Strafverfahren geltende begrenzende Voraussetzung eines
‚Anfangsverdachts‘, das Erfordernis einer ‚konkreten Gefahr‘ im Polizei- und Ordnungsrecht oder auch die Notwendigkeit der ‚tatsächlichen Anhaltspunkte‘ vor der
Verwendung besonderer nachrichtendienstlicher Mittel nach § 3 Satz 1 BNDG. Vielmehr sind dem BND im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung auch eigene Ermittlungen gestattet, welche solche Anhaltspunkte überhaupt erst schaffen sollen; ihm sind
daher auch Initiativermittlungen ohne konkrete Anhaltspunkte gestattet. Umgekehrt
rechtfertigt dies nicht die Beobachtung von Allem und Jedem, gleichsam ‚ins Blaue‘
hinein. Maßgeblich sind nachrichtendienstliche Erfahrungen und Erkenntnisse, welche das Auffinden nachrichtendienstlich relevanter Informationen als wahrscheinlich
erscheinen lassen. Der entscheidende Unterschied zur polizeilichen Aufklärungstätigkeit liegt darin, dass für diese einzelfallbezogene Anhaltspunkte vorliegen müssen.
Allgemeine kriminalistische Hypothesen oder polizeiliche Erfahrungen reichen für die
Polizei nicht aus, für die Nachrichtendienste zur Begründung der Aufgabenzuständigkeit hingegen wohl.“3716
Werden für die Aufgabe nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BNDG im Geltungsbereich des BNDG Informationen einschließlich personenbezogener Daten erhoben, so richtet sich gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 BNDG ihre Erhebung,
Verarbeitung sowie Nutzung nach den §§ 2 bis 6 und 8 bis 11 BNDG.
In dem von Dr. Kurt Graulich verfassten Bericht heißt es dazu:
„Der Auftrag des BND lautet auf ‚Gewinnung‘ und ‚Auswertung‘ von Informationen.
Letztere wird in § 1 Abs. 2 Satz 2 BNDG konkretisiert als ‚Verarbeitung und Nutzung‘. Diese Begriffe sind einerseits im Kontext des Informationsverarbeitungs- und
des Datenschutzes zu definieren. Denn mit dem Gesetz soll ‚für informationserhe-

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3716)

Breitfelder, Protokoll-Nr. 30 II – Auszug offen, S. 83.
Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 35 ff.

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