Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 575 –

Drucksache 18/12850

Der Zeuge Dr. Thomas de Maizière, ChefBK von November 2005 bis Oktober 2009, hat ausgeführt, dass
sich im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Beziehung zwischen BND und BK eine „Bring- und eine Holschuld“ unterscheiden lasse.2547 Unter ersterer sei die Pflicht der nachgeordneten Behörde zu verstehen, besondere Vorkommnisse, einschließlich Fehler, dem BK zu melden.2548
„Holschuld besteht vor allen Dingen darin, dass man, wenn es Anhaltspunkte, wenn
es Hinweise gibt, von mir aus auch von dritter Seite, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist, der Sache nachgeht.“2549
Welcher der beiden Aspekte konkret einschlägig gewesen sei, habe man, so der Zeuge Uhrlau, innerhalb der
Hierarchie des BND nicht immer sicher bestimmen können.2550
aa)

Melde- und Berichtspflichten des BND gegenüber dem Bundeskanzleramt

Eine allgemeine Berichtspflicht des BND gegenüber der Dienstaufsicht gab es nicht.2551 Besondere Vorkommnisse waren indes zu berichten.2552
Was ein besonderes Vorkommnis mit entsprechender Meldepflicht ist, sei in einer Dienstvorschrift des BND
geregelt.2553 Diese wurde durch den Präsidenten des BND erlassen2554 und war mit dem Bundeskanzleramt
abgestimmt.2555 In der Dienstvorschrift wurden meldepflichtige Vorkommnisse näher erläutert. Hierzu zählten z. B. Ereignisse, welche die äußere oder innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden
sowie solche, welche die Beziehungen der Bundesrepublik zu anderen Staaten oder internationalen Organisationen beeinträchtigen oder Auswirkungen auf die Öffentlichkeit über die Medien haben können. Die DV
richtete sich an alle Mitarbeiter des BND und verpflichtete zu unverzüglicher Berichterstattung. Sie gab einen
klaren Meldeweg für besondere Vorkommnisse innerhalb des BND vor.2556
Als besondere Vorkommnisse im Sinne der Dienstvorschrift wurden regelmäßig nur solche angesehen, die
eine konkrete nachrichtendienstliche oder sicherheitliche Gefahrenlage hätten erkennen lassen.2557 Der Zeuge
Heiß hat dazu bekundet:
„Nicht jedes besondere Vorkommnis ist so wichtig, dass es sofort in die Leitung oder
in die Abteilungsleitung hinein muss. Es muss entschieden werden, ob es im PKGr
anzusprechen ist. Es gibt besondere Vorkommnisse, die sind von höchster Rasanz;
[…] Und es gibt besondere Vorkommnisse, die werden halt gemeldet, weil sie möglicherweise zu einer gewissen medialen Öffentlichkeit führen könnten, die aber in sich
2547)
2548)
2549)
2550)
2551)
2552)
2553)
2554)
2555)
2556)
2557)

Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 55 I, S. 108.
Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 55 I, S. 108.
Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 55 I, S. 108.
Uhrlau, Protokoll-Nr. 81 I, S. 99.
Heiß, Protokoll-Nr. 60 I, S. 17.
Dr. de Maizière, Protokoll-Nr. 55 I, S. 112.
Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 10.
Vgl. etwa Dienstvorschrift zur Meldung von Sicherheits- und besonderen Vorkommnissen im Bundesnachrichtendienst, Stand:
9. März 2004, MAT A BND-45, Bl. 33 (37), (VS-NfD – insoweit offen).
Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 10; vgl. auch Müller, Protokoll-Nr. 52 I, S. 53.
Vgl. Dienstvorschrift zur Meldung von Sicherheits- und besonderen Vorkommnissen im Bundesnachrichtendienst, Stand: 9. März
2004, MAT A BND-45, Bl. 33 ff. (VS-NfD – insoweit offen).
Schreiben des Leitungsstabes des BND an den Zeugen Karl (Leiter des Referats 603 im BK) vom 10. Februar 2014, MAT A BK1/7a_1, Bl. 335 (336), (VS-NfD – insoweit offen).

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