Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 543 –
Drucksache 18/12850
zur Verfolgung (einzeln bezeichneter) Straftaten (§ 4 Abs. 4 Nr. 2 Artikel 10-Gesetz) oder
zur Vorbereitung und Durchführung eines Vereinsverbots (§ 4 Abs. 4 Nr. 3 Artikel 10-Gesetz).“
Die Übermittlung ist nur zulässig, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist (§ 4
Abs. 4 Artikel 10-Gesetz).
Der Datentransfer nach § 4 Artikel 10-Gesetz stellt einen weiteren Eingriff (zusätzlich zur Erfassung und
Speicherung) in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG dar.2300 Die Vorschrift stellt einen abschließenden
Katalog von Übermittlungssachverhalten dar.2301
Andere Stellen i. S. d. § 4 Abs. 4 Artikel 10-Gesetz, an die G 10-Daten aus Einzelfallerfassung durch das
BfV übermittelt werden dürfen, sind Behörden, die mit präventiv-polizeilichen Aufgaben oder mit der Verfolgung von Straftaten betraut sind.2302 Die Gesetzesbegründung führt nur Behörden mit präventiv-polizeilichen und Strafverfolgungsaufgaben als zulässige Empfänger der Daten an.2303
Nach der ständigen Rechtsauffassung des BfV stellte § 4 Abs. 4 Artikel 10-Gesetz indes eine „völlig hinreichende Rechtsgrundlage“ zur Übermittlung auch an ausländische Nachrichtendienste dar.2304 Im BfV war
man der Ansicht, die in § 4 Abs. 4 Artikel 10-Gesetz genannten Übermittlungszwecke könnten auch durch
eine Übermittlung an ausländische Stellen erzielt werden.2305 Die Hinzufügung einer eigenständigen adressatenbezogenen – im Bezug auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten – Übermittlungsvorschrift sei „systemfremd“.2306 Die Individualüberwachung und strategische Überwachung seien „wesensmäßig verschiedene Regelungsmaterien“, die im Artikel 10-Gesetz unterschiedlich behandelt würden, sodass
sich aus dem Vorliegen einer konkreten Regelung beim BND für die Übermittlung von Daten aus der strategischen Fernmeldeüberwachung an ausländische Stellen (§ 7a Artikel 10-Gesetz) kein Umkehrschluss dahingehend ziehen ließe, dass eine solche für das BfV ebenfalls erforderlich sei.2307
Nach einem Schreiben des BfV an das BMI vom 22. Januar 2014 sei die G 10-Kommission über diese
Rechtsauffassung und die damit verbundene Übermittlungspraxis des BfV im Rahmen mehrerer Kontrollbesuche zwischen 2009 und Herbst 2013 informiert worden und habe im Jahr 2011 in einem Einzelfall einen
Kennzeichnungsverzicht gemäß § 4 Abs. 3 Artikel 10-Gesetz erklärt.2308
2300)
2301)
2302)
2303)
2304)
2305)
2306)
2307)
2308)
BVerfGE 100, 313 (367).
Huber in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 4 Artikel 10-Gesetz Rn. 19.
Huber in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 4 Artikel 10-Gesetz Rn. 17.
BT-Drs. 14/5655, S. 16.
Schreiben BfV (L3 / 3B) an BMI vom 22. Januar 2014, MAT A BfV-9/2 (Tgb.-Nr. 39/14 – GEHEIM), Ordner 4, Bl. 393 (VS-NfD
– insoweit offen).
Schreiben BfV (L3 / 3B) an BMI vom 22. Januar 2014, MAT A BfV-9/2 (Tgb.-Nr. 39/14 – GEHEIM), Ordner 4, Bl. 393f. (VSNfD – insoweit offen).
Schreiben BfV (L3 / 3B) an BMI vom 22. Januar 2014, MAT A BfV-9/2 (Tgb.-Nr. 39/14 – GEHEIM), Ordner 4, Bl. 393 (VS-NfD
– insoweit offen).
Schreiben BfV (L3 / 3B) an BMI vom 22. Januar 2014, MAT A BfV-9/2 (Tgb.-Nr. 39/14 – GEHEIM), Ordner 4, Bl. 393 (394),
(VS-NfD – insoweit offen).
Schreiben BfV (L3 / 3B) an BMI vom 22. Januar 2014, MAT A BfV-9/2 (Tgb.-Nr. 39/14 – GEHEIM), Ordner 4, Bl. 393 (394),
(VS-NfD – insoweit offen).