Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/12850
ste, der ausländischen Stellen nicht den Anforderungen, die Artikel 10 an Einschränkungen des Telekommunikationsgeheimnisses stellt, so haftet – ich sage es mal etwas
plakativ – dieser Makel auch den nachfolgenden Informations- und Datenverarbeitungsprozessen an. Erfolgen diese durch grundrechtsgebundene Träger deutscher öffentlicher Gewalt, so handeln diese Träger grundrechtswidrig.“2266
Der Sachverständige Prof. Dr. Bäcker hat bekundet, dass die Frage nach den rechtlichen Grenzen einer Verwertung von Erkenntnissen ausländischer Nachrichtendienste „bisher nur sehr unvollkommen ausgelotet
worden“ seien.2267 Man könne etwa bei der Bewertung des Charakters des Datenaustauschs danach differenzieren, ob es sich um eine Spontanübermittlung durch einen gelegentlich kooperierenden AND oder um eine
Nachrichtenübermittlung im Rahmen eines „fortlaufenden Informationsringtauschs“ [siehe hierzu unter
D.II.2.b)gg)] handele. Der Sachverständige hat ergänzt:
„Ich kann mir zum Beispiel ohne Weiteres vorstellen, dass eine ausländische Rechtsordnung den Gesetzesvorbehalt nicht mit der vollen Strenge durchzieht, wie wir das
in Deutschland tun, wo wir ja eigentlich für jede Eingriffsmaßnahme eine formellgesetzliche Grundlage verlangen. Wenn jetzt eine ausländische Rechtsordnung diese
Forderungen so nicht kennt, dafür aber sehr starke exekutive Schutzmechanismen vorsieht, die eben doch gewährleisten, dass eine Vorfestlegung erfolgt, die gleichzeitig
auch zu Begrenzungen von Datenerhebungen führt, dann ist eine solche Datenübermittlung sicherlich grundrechtlich sehr viel weniger problematisch als wenn es jetzt
um Daten geht, die zum Beispiel durch Folter erlangt worden sind.“2268
Daten, die von ausländischen Staaten unter Folter oder anderweitiger Verletzung menschenrechtlicher Mindeststandards erlangt worden seien, seien, so der Sachverständige Prof. Dr. Papier, in der Bundesrepublik
Deutschland strafprozessual absolut unverwertbar.2269 Für die Frage der Nutzung solcher Daten zum Zweck
der Gefahrenabwehr komme es auf die Bedeutung des gefährdeten Rechtsguts an: Handele es sich bei diesen
um „ganz zentrale Schutzgüter“, dürften entsprechende Informationen zur Grundlage weiterer Ermittlungen
zur Feststellung der Gefahrenlage durch deutsche Behörden genutzt werden.2270 Auch der Sachverständige
Prof. Dr. Hoffmann-Riem hat für diese Fälle die Differenzierung zwischen strafrechtlicher und gefahrenabwehrrechtlicher Nutzung entsprechender Daten als sachgerecht bezeichnet.2271 Er hat ferner ausgeführt:
„Bei Informationen, deren Zuverlässigkeit nicht überprüft werden kann, die unter
menschenrechtswidrigen Aspekten gewonnen worden sein können usw., besteht ein
2266)
2267)
2268)
2269)
2270)
2271)
Dr. Papier, Protokoll-Nr. 5, S. 7.
Dr. Bäcker, Protokoll-Nr. 5, S. 42.
Dr. Bäcker, Protokoll-Nr. 5, S. 42.
Dr. Papier, Protokoll-Nr. 5, S. 45.
Dr. Papier, Protokoll-Nr. 5, S. 45; vgl. auch Hoffmann-Riem, Protokoll-Nr. 5, S. 43
Dr. Hoffmann-Riem, Protokoll-Nr. 5, S. 50.