Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Antrittsbesuche durch, um sich einen Überblick zu verschaffen und Schwerpunkte zu setzen.2098 Als Umsetzungsschwerpunkte hätten sich gemäß einer Unterrichtungsvorlage des Koordinierungsstabs Cyber-Außenpolitik des Auswärtigen Amtes vom 9. Oktober 2013 die Cyber-Sicherheit, Freiheitsrechte (um Datenschutz
erweitert), eine digitale Standortpolitik und Internet Governance herauskristallisiert.2099 Zu dem Punkt der
Internet Governance wurde als Begründung zunächst auf Meinungsverschiedenheiten bei der Weltkonferenz
zur Internationalen Telekommunikation (World Conference on International Telecommunications, WCIT)
im Dezember 2012 in Dubai Bezug genommen.2100 Anderen Dokumenten des Auswärtigen Amtes ist der
Hintergrund dazu zu entnehmen. Während Entwicklungs- und Schwellenländer Anspruch auf „sogenannte
nationale Informations-Souveränität“ erhöben, lehnten westliche Staaten dies u. a. aus Sorge um eine Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung ab.2101 Die Snowden-Enthüllungen hätten jedoch den
Staaten, die eine Änderung der Internet Governance forderten, eine „willkommene Gelegenheit“ geboten,
ihre Forderungen nach größerer Mitsprache zu intensivieren.2102 So habe beispielsweise die brasilianische
Staatspräsidentin Dilma Rousseff am 24. September 2013 in einer Rede vor der VN-Generalversammlung
das US-zentrierte System der Internet Governance infrage gestellt.2103 In der Unterrichtungsvorlage heißt es
des Weiteren, die USA seien auf eine anhaltende deutsche Unterstützung angewiesen, wofür Deutschland
wiederum Entgegenkommen beim Datenschutz erwarte, wobei zugleich festgehalten wird:
„Der bisherige Narrativ der westlichen Welt eines ‚free & open Internet leading to
global economic and social benefits‘ hat jedoch beträchtlichen Schaden genommen,
wie nicht zuletzt die Rede der BRA Präsidentin Rousseff vor der VN-GV zeigte. Kosmetische Änderungen bzw. Ergänzungen hieran [an der globalen Regelsetzung für Betrieb und Entwicklung des Internets] werden den entstandenen Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust nur bedingt auffangen, stattdessen muss Transparenz, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Kontrolle stärker betont werden.“2104
Als Handlungsansatz für das Auswärtige Amt wurde unter anderem der Vorteil gesehen, aufgrund der deutschen Glaubwürdigkeit und eines Vertrauensvorteils in alle Richtungen wirken zu können, wobei man „dabei
den Spagat wagen [müsse], um kontinental-europäische mit US-/GBR-Interessen zu versöhnen“.2105
Auch vor diesem Hintergrund kündigte der damalige Bundesaußenminister Dr. Frank-Walter Steinmeier am
29. Januar 2014 bei seinem ersten Auftritt im Auswärtigen Ausschuss an, mit der „US-Seite ein offenes Gespräch über die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit führen“ zu wollen.2106 In einem internen
Vermerk des Auswärtigen Amts über die Ausschusssitzung heißt es des Weiteren:
2098)
2099)
2100)
2101)
2102)
2103)
2104)
2105)
2106)
Kurzvermerk vom 1. Oktober 2013, MAT A AA-1/1n, Bl. 324 f; Brengelmann, Protokoll-Nr. 84 I, S. 11 f.
Unterrichtungsvorlage vom 9. Oktober 2013, MAT A AA-1/1t, Bl. 7 (8 f.).
Unterrichtungsvorlage vom 9. Oktober 2013, MAT A AA-1/1t, Bl. 7 (9).
Drahtbericht der Ständigen Vertretung in Genf zur Deutschen Cyber-Außenpolitik vom 5. November 2013, MAT A AA-1/6f_3,
Bl. 359 (361).
Drahtbericht der Ständigen Vertretung in Genf zur Deutschen Cyber-Außenpolitik vom 5. November 2013, MAT A AA-1/6f_3,
Bl. 359 (362).
Sprechzettel vom 13. März 2014 für die 7. Sitzung des Cyber-Sicherheitsrats MAT A AA-1/4_26, Bl. 120 (VS-NfD - insoweit
offen); vgl. auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. September 2013 „Aufgeschoben und aufgehoben“.
Unterrichtungsvorlage vom 9. Oktober 2013, MAT A AA-1/1t, Bl. 7 (9 f.).
Unterrichtungsvorlage vom 9. Oktober 2013, MAT A AA-1/1t, Bl. 7 (10).
Vermerk über die 3. Sitzung des Auswärtigen Ausschusses vom 30. Januar 2014, MAT A AA-1/7b, Bl. 63 (64) (VS-NfD - insoweit
offen).