Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

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Drucksache 18/12850

Seines Erachtens könne dies durch einen regulatorischen Eingriff gelöst werden, indem große Carrier dazu
verpflichtet würden, auch Netzwerkzusammenschaltungen (sogenannte Interconnects) auf Kostenteilungsbasis mit kleinen Carriern zu schaffen.1648
Auch der Sachverständige Prof. Dr. Michael Waidner betrachtet das Schengen-Routing eher zurückhaltend.
In seinem Gutachten hat er dazu ausgeführt, dieser Ansatz reduziere tatsächlich die Angriffsfläche, sei in
seiner Wirkung aber sehr begrenzt. Insbesondere bleibe die Kommunikation zwischen Europa und z. B. den
USA völlig ungeschützt.1649
Gegenüber dem Ausschuss hat er in der Anhörung ergänzend dargelegt:
„[…] ich bin, glaube ich, an dieser Stelle wahrscheinlich der skeptischste von uns […]:
Schengen-Routing ist für sich betrachtet ein Element, was etwas nützt. Also sozusagen: Wenn natürlich Daten nicht freiwillig zu demjenigen fließen, der sie aber abhören
möchte, dann ist das erst mal eine gute Sache. Schengen-Routing ist keine Kleinigkeit.
Man muss etliche Dinge ändern. […] Man kann leicht ohne Änderungen Daten einfach
umlenken – ob jetzt Schengen-Routing da ist oder nicht. Also man muss es technisch
durchsetzen.
Es wird sicherlich erfordern, dass man Kapazitäten ändert. Also die dicken Leitungen
sind heute halt eben nicht nur innerhalb von Europa, sondern teilweise auch außerhalb.
Was ich eben gerne anregen würde, ist, dass man einfach mal guckt: Was sind die
effizienten Methoden?
Schengen-Routing hilft gegen die gleiche Art von Angriffen, gegen die Ende-zu-EndeVerschlüsselung hilft. Längerfristig ist Ende-zu-Ende-Verschlüsselung die deutlich
wirksamere. Man müsste einfach mal vergleichen […].“1650
Der Sachverständige Frank Rieger sieht den Schwerpunkt daher bei dem grundsätzlichen Erlangen von Datensouveränität:
„Aber dazu gehört eben auch, tatsächlich deutsche Datensouveränität herzustellen.
Momentan ist es immer noch so, dass ein Großteil der Metadaten aus deutschen Mobilfunknetzen nicht in Deutschland verarbeitet wird, sondern von israelischen und
amerikanischen Firmen zum Teil im Ausland verarbeitet wird. Das heißt also, wir liefern diese Metadaten – und die sind kritisch, diese Metadaten, wie schon erklärt wurde
– quasi frei Haus. Das heißt also, wir müssen auf der rechtlichen Ebene dringend Unternehmen incentivieren, deutsche Daten tatsächlich auch in Deutschland zu halten
und auch hier zu verarbeiten.“1651

1648)
1649)
1650)
1651)

Rieger, Protokoll-Nr. 9 I, S. 21.
Schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dr. Waidner vom 26. Juni 2014, MAT A SV-1/2, S. 15.
Dr. Waidner, Protokoll-Nr. 9 I, S. 28.
Rieger, Protokoll-Nr. 9 I, S. 16.

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