Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 325 –
Drucksache 18/12850
Der derzeitige Leiter der Abteilung 6 im Bundeskanzleramt, Günter Heiß, hat als Zeuge dargelegt, dass das
Bundeskanzleramt keine konkreten Hinweise auf Wirtschaftsspionage seitens der NSA gehabt und auch der
Bundesnachrichtendienst keine diesbezüglichen Hinweise erbracht habe. Es habe „immer mal wieder Einzelfälle“ gegeben, die einen entsprechenden Hintergrund hätten haben können.
Auf Nachfrage, ob das Bundeskanzleramt in irgendeiner Form in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde mit
dem BND die Frage erörtert habe, ob es Anhaltspunkte für eine „Hidden Agenda“ der NSA gebe, hat der
Zeuge Heiß geäußert, das Bundeskanzleramt habe mit dem BND darüber gesprochen, ob es nach der Definition des Bundeskanzleramtes Wirtschaftsspionage gegeben habe oder gibt. So etwas wäre auch sofort berichtspflichtig.1196
Der Zeuge Heiß hat ferner ausgesagt, er halte Wirtschaftsspionage durch US-Dienste für nicht sehr wahrscheinlich. Dies hat er damit begründet, dass
„die Amerikaner uns immer wieder versichern, dass es bei ihnen auch ein riesiges
kartellrechtliches Problem gibt, wenn man einer Firma irgendetwas gibt und die andere
Firma, zum Beispiel der Konkurrent dieser einen Firma, nichts bekommt. Und das
würde - das amerikanische System funktioniert so ähnlich übrigens wie unseres - sofort ans Tageslicht kommen und in den Medien stehen. Ganz anders läuft das in Regimen, wo man die Medien tatsächlich kontrolliert. Also, ich würde sagen, eine tatsächliche Wirtschaftsspionage aus den Bereichen China oder Russland würde ich schon
aus dem Grund nicht ausschließen, und da gibt es auch schon eher Hinweise.“1197
Gefragt nach den Konsequenzen im Bundeskanzleramt, wenn bekannt würde, deutsche oder europäische
Firmen mit deutscher Beteiligung oder große europäische Konzerne seien im Fokus der NSA und der Bundesnachrichtendienst leiste dort möglicherweise Beihilfe, hat der Zeuge Heiß erklärt:
„Die Konsequenz [im Bundeskanzleramt] wäre mit Sicherheit, wenn solche Berichte
vorliegen würden, dass wir dem nachgingen.“1198
Der Beauftragte für die Nachrichtendienste des Bundes, Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, hat eine Wirtschaftsspionagetätigkeit der USA als unplausibel und nicht nachvollziehbar1199 bezeichnet. Er hat dies in
seiner Vernehmung durch den Ausschuss folgendermaßen hergeleitet:
„Wirtschaftsspionage im Sinne von Know-how-Abfluss und davon, einen Wettbewerbsvorteil jemandem zu verschaffen, das ist natürlich in Staaten, die - egal was man
den Vereinigten Staaten in der Öffentlichkeit vorwirft - grundsätzlich demokratisch
sind und auch eine Marktwirtschaft haben, nur sehr schwer vermittelbar für staatliche
Dienste; denn wie soll - - Nehmen wir an, eine Blaupause von irgendetwas: An welche
Firma soll die in den Vereinigten Staaten gehen, wenn ein amerikanischer Dienst hier
1196)
1197)
1198)
1199)
Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 20 f.
Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 21.
Heiß, Protokoll-Nr. 57 I, S. 22.
Fritsche, Protokoll-Nr. 55 I, S. 78.