Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
kanzleramtes, Bundesminister Peter Altmaier, eingeleitet. Die Antragsteller haben geltend gemacht, die Antragsgegner hätten die Rechte des Deutschen Bundestages aus Art. 44 GG verletzt, indem diese es abgelehnt
haben, dem Ausschuss sämtliche Unterlagen zu Erkenntnissen beim Bundeskanzleramt und beim Bundesnachrichtendienst über die etwaige Aufklärung gegen deutsche Ziele oder deutsche Interessen durch die NSA
im Rahmen der Zusammenarbeit in der Joint SIGINT Activity vorzulegen. Mit Beschluss vom 13. Oktober
2016 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts die Anträge der Antragstellerinnen zu 1. und 2.
zurückgewiesen und den Antrag der Antragstellerin zu 3. verworfen.386 Zur Begründung hat das Gericht
Folgendes ausgeführt:
Die Antragstellerin zu 3. sei zwar gemäß Art. 44 Abs. 1 S. 1 GG in Verbindung mit § 126a Abs. 1 Nr. 1 S. 1
GO-BT parteifähig, ihr fehle jedoch die gemäß § 64 Abs. 1 BVerfGG erforderliche Antragsbefugnis.387
Die Anträge der Antragstellerinnen zu 1. und 2. seien unbegründet. Das Recht auf Aktenvorlage gehöre zwar
zum Kern des Untersuchungsrechts, jedoch unterliege das Beweiserhebungsrecht verfassungsrechtlichen
Grenzen. Gründe, einem Untersuchungsausschuss Informationen vorzuenthalten, könnten sich aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz ergeben. Die verfassungsmäßige Ordnung, der Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder sowie Leib, Leben und Freiheit der Person seien Schutzgüter von überragendem verfassungsrechtlichem Gewicht. Der Staat sei deshalb von Verfassungs wegen verpflichtet, das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die Freiheit des Einzelnen zu schützen. Dieser Verpflichtung komme er nach,
indem er Gefahren, etwa durch terroristische Bestrebungen, entgegentrete. Straftaten mit dem Gepräge des
Terrorismus richteten sich gegen die Grundpfeiler der verfassungsrechtlichen Ordnung und das Gemeinwesen als Ganzes. Die Bereitstellung von wirksamen Aufklärungsmitteln zu ihrer Abwehr sei ein legitimes Ziel
und für die demokratische und freiheitliche Ordnung von großem Gewicht. Zur Effektivierung der Beschaffung und Auswertung von Informationen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung arbeiteten die
deutschen Nachrichtendienste mit ausländischen Nachrichtendiensten zusammen. Grundlage dieser Zusammenarbeit sei die Einhaltung von Vertraulichkeit. Hierfür seien völkerrechtliche Verpflichtungen einzugehen, die als Teil der Außen- und Sicherheitspolitik der Initiative und Gestaltungsbefugnis der Regierung
oblägen. Das parlamentarische Informationsinteresse umfasse zwar auch die NSA-Selektorenlisten. Auch sei
das Recht auf Vorlage derselben nicht durch die Einsetzung der sachverständigen Vertrauensperson [siehe
dazu B.III.5.d)] und deren gutachterliche Stellungnahme erfüllt worden. Dem Beweiserhebungsrecht des Untersuchungsausschusses stehe jedoch das Interesse der Regierung an funktionsgerechter und organadäquater
Aufgabenwahrnehmung entgegen und das Interesse an der Erhaltung der außen- und sicherheitspolitischen
Handlungsfähigkeit der Bundesregierung überwiege das Recht des Untersuchungsausschusses auf Herausgabe der NSA-Selektorenlisten.
b)
„NSA-Selektorenlisten II“ (2 BvE 5/15)
Mit Antragsschrift vom 26. November 2015 hat auch die G 10-Kommission, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Hans de With, vor dem Bundesverfassungsgericht ein Organstreitverfahren gegen die Bundesregierung
386)
387)
BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 2016, 2 BvE 2/15 (Tenor).
BVerfG, Beschluss vom 13. Oktober 2016, 2 BvE 2/15 Rn. 81 f. bzw. 93 ff.