Drucksache 18/12850
– 1688 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
enthält oder Einrichtungen zur Durchführung extralegaler Hinrichtungen in ihrem Verantwortungsbereich
vorzuhalten. Vielmehr müssen Kenntnis oder Anhaltspunkte für eine Beteiligung deutscher Stellen am USDrohnenprogramm konsequent überprüft und abgestellt sowie die Gestattung der Überlassung und Nutzung
von Militäreinrichtungen auf deutschem Hoheitsgebiet an das Völkerrecht gebunden werden.
Insbesondere müssen die verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes nicht hinter den Bedürfnissen und Anforderungen der in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte zurücktreten. Vielmehr
sind auch diese im Rahmen ihrer Tätigkeiten im Bundesgebiet den grundlegenden Regelungen unterworfen9059. Weder dürfen die US-Truppen in Ramstein einen Angriffskrieg vorbereiten oder starten noch darf
die Bundesregierung dies zulassen oder unterstützen. Ebenso wenig darf von deutschem Boden eine „Friedensstörung“ im Sinne des Art. 26 GG ausgehen oder von hier aus Unterstützung erfahren.9060
In diesem Sinne können die Handlungen der Exekutive auch zum Gegenstand einer strengen gerichtlichen
Kontrollbefugnis gemacht werden. Die Gerichte müssen zwar die originäre Zuständigkeit der Bundesregierung für die Gestaltung der außenpolitischen Beziehungen und den sich daraus ergebenden Gestaltungsspielraum der Exekutive wahren, anders als im Falle der weiten Einschätzungsprärogative der Legislative geht
die gerichtliche Überprüfung von Handlungen der Exekutive über eine bloße Evidenzkontrolle hinaus. Sie
verpflichtet die Gerichte zur Kontrolle der von der Exekutive unternommenen Maßnahmen im Hinblick auf
eine sorgfältige Tatsachenermittlung und die Bildung angemessener Abwägungsvoraussetzungen für die Ergreifung effektiver Maßnahmen zur Sicherstellung menschenrechtlicher Mindeststandards. Kommt die Exekutive ihrer Ermittlungspflicht nicht nach oder geht sie trotz valider Indizien für Völkerrechtsbrüche im Einzelfall davon aus, dass die übrigen Einsätze mit dem Völkerrecht vereinbar sein werden, so hat das erkennende Gericht eine Verletzung des Untermaßverbots festzustellen.
In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage, ob die Aktivierung einer Sorgfältigkeitspflicht nicht auch mit
einer Umkehrung der Beweispflicht einhergeht, wonach es der Bundesregierung obliegt, zu beweisen, dass
eine etwaigen Beteiligung Deutschlands an völkerrechtswidrige Drohnenangriffe auszuschließen ist. Anderenfalls droht eine Aushöhlung der gerichtlichen Überprüfung von Akten der Kriegsführung, die schließlich
in eine menschenrechtswidrige Rechtlosstellung in bewaffneten Konflikten münden würde.
9059)
9060)
Vgl. Art. II des NATO-Truppenstatuts von 1951.
Dieter Deiseroth (2009): Das Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta, Betrifft Justiz Nr. 99,S. 143-149.