Drucksache 18/12850
– 1672 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) und die Europäische Menschrechtskonvention, sowie das Völkerstrafrecht (vgl. Völkerstrafgesetzbuch) zur Gewährleistung von Mindestanforderungen zum Schutz des Lebens unabhängig davon, ob es sich um einen bewaffneten Konflikt handelt oder nicht.
b)
Bewertung des US-Drohneneinsatzes
Zusammenfassend lässt sich feststellen: In zunehmender Maße stellen sich die Einsätze mit Kampfdrohnen
durch die USA in Folge der Auflösung staatlicher Gewalt und der sich anhaltend ändernden Kräfteverhältnisse, Konfliktlinien und -parteien in den Einsatzgebieten als völkerrechts- und menschenrechtswidrige
Kampfhandlungen außerhalb von bewaffneten Konflikten dar. In diesem Rahmen ist der Einsatz von militärischer Waffengewalt an strenge Maßstäbe gekoppelt und nur im Einzelfall zulässig. Das gilt in besonderem
Maße für den Einsatz von Kampfdrohnen, die als neue Waffentechnologie und Kampfmethode auch im Rahmen von bewaffneten Konflikten völkerrechtlich an strengere Einsatzvoraussetzungen gebunden sind, um
zivile Opfer zu schonen und Kriegshandlungen in einem rechtlichen Rahmen zu halten. Die bisherige Einsatzpraxis der USA lassen eine solche Einzelfallprüfung überwiegend vermissen.
Angesichts der entscheidenden Bedeutung, den der US-Militärstützpunkt Ramstein als Relaisstation für den
US-Drohnenkrieg einnimmt, trifft die Bundesregierung eine strikte Mitverantwortung, die sie von Verfassungs wegen zur Ergreifung effektiver Maßnahmen der Aufklärung, parlamentarischen Information sowie
Einwirkung gegenüber den militärischen Bündnispartnern in den USA verpflichtet. Weitergehend muss sie
ihre eigene Übermittlungspraxis im Hinblick auf den Austausch von geheimdienstlichen Informationen überprüfen, um sicher zu stellen, dass übermittelte Daten nicht zur Grundlage illegaler Drohneneinsätzen werden.
Im Einzelnen: Hinsichtlich der Frage nach der Rechtmäßigkeit einer im Rahmen eines Drohnenangriffs ausgeführten gezielten Tötung kommen wie dargestellt drei völkerrechtliche Bereiche in Betracht: das Friedensvölkerrecht, das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte. Abgesehen von den Menschenrechten ist
nicht jeder Einzelfall nach den Prüfungsmaßstäben der übrigen Rechtsbereiche zu beurteilen. Allerdings
kommen in einigen Fallkonstellationen alle Rechtsregime nebeneinander zur Anwendung – etwa bei gezielten Tötungen mittels Drohnenangriffen durch einen Staat auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates ohne
dessen Einwilligung, im Rahmen von bewaffneten Konflikten oder bei punktueller Gewaltanwendung.8997
Liegt hingegen die Einwilligung des Staates vor, auf dessen Gebiet Drohnenangriffe stattfinden, so sind allein
humanitär-völkerrechtliche und menschenrechtliche Prüfungsmaßstäbe heranzuziehen.
Im Hinblick auf den sog. US-Drohnenkrieg ist dabei wie folgt zu differenzieren:
„Tödliche Drohnenangriffe werden momentan auf zweierlei Weise realisiert: Durch
Geheimdienste oder durch Streitkräfte. Der Hauptgrund hierfür liegt darin, dass Streitkräfte nur in bewaffneten Konflikten tätig werden, Geheimdienste aber vor allem im
Bereich der Gefahrenabwehr, etwa im Rahmen der Bekämpfung des internationalen
8997)
So Kapaun, N. (2014): Völkerrechtliche Bewertung gezielter Tötungen nicht-staatlicher Akteure (Kölner Schriften zum Friedenssicherungsrecht), (Book on Demand), S. 323.