Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1671 –

Drucksache 18/12850

Betroffenen dadurch der Gefahr von politischer Verfolgung, Folter und Tod ausgesetzt werden (vgl. § 19
Abs. 3 Satz 2 BVerfSchG, auf den auch § 24 Abs. 2 BNDG verweist).8995
Da bei den von den USA geflogenen Drohneneinsätzen insbesondere im Zusammenhang mit gezielten Tötungen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass diese nur in Kriegsgebieten gegen völkerrechtlich als Kombattanten eingestufte Personen eingesetzt werden, sondern im Rahmen der Terrorbekämpfung durch die Geheimdienste zur extra-legalen Hinrichtung verwendet werden, ist hiervon das aus dem
Rechtsstaatsprinzip folgende Recht auf effektiven Rechtsschutz und einen fairen Prozess (Art. 19 Abs. 4 GG)
und das Verbot der Todesstrafe (Art. 102 GG) betroffen und gebietet grundsätzlich staatliche Verfahrensund Schutzgewährung, soweit sie Gewahrsam begründet. Ihrer Verantwortung für die Durchführung rechtsstaatlicher Verfahren kann sie sich nicht durch die Zulassung präventiver Tötungen entziehen.
Es sei darauf hingewiesen, dass auch im US-amerikanischen Kontext die Frage der Verfassungsmäßigkeit
der US-Drohnenangriffe umstritten diskutiert wird.8996
bb)

Völkerrechtliche Verpflichtungen

Im Rahmen der gezielten Tötungen durch Drohnenangriffe folgt eine Verantwortung der Bundesregierung
zudem aus völkerrechtlichen Vorgaben, namentlich dem Gewaltverbot der UN-Charta, den Anforderungen
des humanitären Völkerrechts sowie den Gewährleistungen der internationalen Menschenrechtspakte.
Im Rahmen des Gewaltverbots nach Art. 2 Abs. 4 der UN-Charta stellt sich die Frage, ob der Einsatz von
Drohnen als militärische Maßnahme in einem weltweiten „Krieges gegen den Terror“ und die Beteiligung
hieran eine Verletzung des Völkerrechts darstellt oder gerechtfertigt ist (ius ad bellum).
Die Frage nach der Anwendbarkeit des Humanitären Völkerrechts (ius in bello) und der sich aus ihm ergebenden Beschränkung für den Einsatz militärischer Waffengewalt wirft die Frage auf, ob es sich bei den
Krisengebieten, in denen Waffengewalt durch den Einsatz von Drohnen ausgeübt wird, völkerrechtlich um
sog. bewaffnete Konflikte handelt, in denen feindliche Kombattanten in dem vom Humanitären Völkerrecht
gesetzten Rahmen mit Waffengewalt bekämpft werden können. Außerhalb von bewaffneten Konflikten ist
der Einsatz von Drohnen zur gezielten Tötung von Menschen ebenso wie die Ausübung spezifisch militärischer Waffengewalt nämlich nur in eng begrenzten Ausnahmefällen unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben
anderer Menschen zulässig, ansonsten haben polizei- und strafrechtliche Maßnahmen gegenüber militärischen Optionen Vorrang.
Im Rahmen dieser Prüfung stellt das Gewährenlassen oder gar die Unterstützung des US-Drohnenkrieges
durch die Bundesregierung zugleich als ein Verstoß gegen das grundgesetzliche Friedensgebot dar, wenn
sich der Drohneneinsatz auch nur in einer signifikanten Anzahl von Fällen als völkerrechtswidrig erweist.
Schließlich verpflichten die internationalen Menschenrechtspakte, insbesondere der Internationale Pakt über

8995)

8996)

Vgl. Bernadette Droste (2007), Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 529; Christoph Gusy (2014), in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 9 BNDG Rn. 7; Eric Töpfer (2013): Informationsaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten strikt begrenzen. Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Antiterrordatei, Policy Paper
des Deutschen Instituts für Menschenrechte, S. 18; Michael Plöse (2014): Was Karlsruhe nicht verbietet, macht Berlin nur dreister,
Anmerkungen zur Änderung des Antiterrordateigesetzes, Vorgänge Nr. 206/207, S. 122–134 (128).
Vgl. Powell, J. (2016): Targeted Americans. The Constitutionality of the U.S. Drone War (Oxford University Press, Oxford).

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