Drucksache 18/12850
– 1662 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Dass deutsche Behörden wie das BMI oder BfV und BND angeblich keine Kenntnis davon hatten und teilweise bis heute daran festhalten, dass Mobilfunkdaten nicht zur Ortung geeignet seien, ist angesichts dessen
eine bewusste Irreführung von Parlament und Öffentlichkeit. Sollte diese Haltung auch heute noch der geheimdienstlichen Übermittlungspraxis personenbeziehbarer Daten an AND zugrunde liegen, wäre das mindestens grob fahrlässig.
c)
Der Romann-Erlass
Im Herbst 2010 sollte eine Liste mit personenbezogenen Daten – Personaldaten, Passdaten, den Personen
zugeordnete Kommunikationsmittel – an AND übermittelt werden.8946 Am 15. Oktober 2010 bat das BfV
das zuständige Referat im BMI um eine Genehmigung zur Übermittlung dieser Liste.8947 Einige Wochen
später teilte Dr. Romann, der zuständige Referatsleiter im BMI, dem damaligen BfV-Präsidenten Heinz
Fromm mit, die Übersendung der Liste sei genehmigt, soweit diese keine zur Ortung geeigneten Daten enthalte.8948 Als daraufhin das BfV um eine Genehmigung für die Weiterleitung zweier weiterer Listen an AND
bat, erließ Dr. Romann folgende Weisung, im Ausschuss auch als „Romann-Erlass“ bezeichnet:
„BMI stimmt der Übermittlung der Daten an die gennannten Länder grundsätzlich zu.
Vor einer Übermittlung ist sicherzustellen, dass die Listen keine Daten enthalten, die
unmittelbar für eine geografische Ortung in der in Rede stehenden Region verwendet
werden können.“8949
Wie in den Aussagen der BfV-Zeug_innen deutlich wird, waren Mobilfunkdaten nach deren Verständnis von
dieser Formulierung nicht umfasst. Diese Auffassung bestätigte auch der Zeuge Dr. Romann:
„[…] zulässig nach dem Erlass ist wie vorher und nachher die Übermittlung von Mobilfunkdaten.“8950
Spätestens nachdem der ehemalige NSA- und CIA-Chef Michael Hayden im April 2014 bei einer Podiumsdiskussion der Johns Hopkins University erklärt hatte: „Wir töten auf der Basis von Metadaten“, müssen die
deutschen Sicherheitsbehörden davon ausgehen, dass die von ihnen übermittelten Daten regelmäßig für die
Planung und ggf. Durchführung tödlicher Drohneneinsätze verwendet werden.8951 ,
Diese Praxis hätte jedoch vor dem Hintergrund, dass eine Lokalisierung mithilfe von Handynummern nicht
auszuschließen ist, vom BMI unmissverständlich untersagt werden müssen.
Die Verantwortung für die Weitergabe der in Frage stehenden BfV-Daten an AND liegt bei der Fachaufsicht
des Bundesinnenministeriums. Das von Dr. Romann geleitete Referat hätte bei Kenntnis einer solchen Liste
8946)
8947)
8948)
8949)
8950)
8951)
Isselburg, Protokoll-Nr. 100 I, S. 75 f.
Dr. Romann, Protokoll-Nr. 100 I, S. 125.
Dr. Romann, Protokoll-Nr. 100 I, S. 125.
MAT A BMI-21/1, Bl. 1. (VS-NfD)
Dr. Romann, Protokoll-Nr. 100 I, S. 130.
Michael Hayden auf dem Johns Hopkins Foreign Affairs Symposium am 1. April 2014 zum Thema „The Price of Privacy: ReEvaluating the NSA“, vgl. 00:17:53, https://www.youtube.com/watch?v=kV2HDM86XgI (abgerufen am 4. Juni 2017).