Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der US-Drohnenkrieg: Zahlen und Fakten

Der Einsatz von Drohnen durch die USA zur gezielten Tötung von Menschen in Ländern, in denen die USA
sich eigentlich nicht im Krieg befindet, ist zu einem Markenzeichen der US-Anti-Terror-Strategie geworden.
Insbesondere in Pakistan, dem Jemen und Somalia, aber auch in anderen Ländern Afrikas und des Nahen
Ostens sind durch US-Drohnenangriffe seit 2002 nach Schätzungen von renommierten Nichtregierungsorganisationen wie dem Bureau of Investigative Journalism insgesamt mindestens 1.400 Zivilist_innen getötet
worden.. Es wird angenommen, dass es sich bei bis zu 300 der Opfer um Kinder handelt.8877 Offizielle Statistiken hat die US-Regierung nie aufgestellt. Eine formelle Entschuldigung haben die Angehörigen der vielen zivilen Opfer nie erhalten. Es gibt keine offiziellen Entschädigungszahlungen an die Hinterbliebenen,
denen häufig mit der Tötung des Vaters in patriarchalen Strukturen keine Lebensgrundlage bleibt.
Der Alltag der Menschen, die konstant mit der Präsenz der Drohnen leben, ist von ständigem Schrecken
erfüllt.8878 Niemand weiß, wer als nächstes Ziel oder (Mit-)Betroffene_r eines Angriffs wird. Schon ein irgendwie geartetes verdächtiges Verhalten kann einen tödlichen Drohnenangriff auslösen. Doch was ein solches Verhalten ausmacht, weigern sich die Verantwortlichen der US-Regierung zu sagen. Bei dem Versuch,
terrorverdächtige Personen zu identifizieren, werden auch demographische Daten verwendet. Dementsprechend sind männliche Personen im Alter von teilweise schon 12 bis 65 Jahren besonders von Drohnenangriffen bedroht. Laut US-Regierung werden Männer dieser Altersklasse in Ländern wie dem Jemen oder bestimmten Regionen Pakistans nicht als Zivilisten betrachtet, es sei denn, sie können ihre Unschuld beweisen
– posthum.8879 Derartige Nachforschungen werden jedoch auch posthum durch die USA selber nicht durchgeführt. Es erfolgt keine Rehabilitation oder eine Entschädigung der Angehörigen.
Der Einsatz von Drohnen wird von US-Vertreter_innen vor allem damit begründet, dass es sich dabei um
eine extrem präzise Waffe handele und auf diese Weise sogenannte „Kollateralschäden“ – also Tötungen von
Zivilist_innen – weitestgehend vermieden würden. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Unabhängige Expert_innen haben in langjährigen Recherchen feststellen müssen, dass die Zielbestimmung bei Drohneneinsätzen in
der Praxis sehr unpräzise sei. Schon im Jahr 2014 belegten Anwält_innen der Menschenrechtsorganisation
Reprieve, dass bei Drohnenangriffen auf nur 41 mutmaßliche Terroristen in Pakistan und dem Jemen insgesamt bis zu 1.147 Menschen getötet wurden.8880 Dabei deutet vieles darauf hin, dass einige der vermeintlich
gezielt getöteten Männer noch am Leben sind.8881
Nach Meinung der US-Regierung befindet sie sich seit dem Angriff auf das World Trade Center am 11.
September 2001 in einem globalen Krieg gegen den Terrorismus („global war on terror“). Die US-Regierung rechtfertigt ihr Drohnenprogramm mit der Begründung, dass es juristisch von Art. 51 UN-Charta, dem
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Bureau of Investigative Journalism, „Drone Warfare”, https://www.thebureauinvestigates.com/projects/drone-war (abgerufen am
02.06.2017).
Reprieve, „Americas deadly drones programme”, http://www.reprieve.org.uk/case-study/drone-strikes/ (abgerufen am 02.06.2017).
Reprieve, „Americas deadly drones programme”, http://www.reprieve.org.uk/case-study/drone-strikes/ (abgerufen am 02.06.2017).
Reprieve, „You never die twice: Multiple kills in the US drone program”, Executive Summary, November 2014, http://www.reprieve.org/wp-content/uploads/2014_11_24_PUB-You-Never-Die-Twice-Multiple-Kills-in-the-US-Drone-Program-1.pdf
(abgerufen am 02.06.2017); The Guardian „41 men targeted but 1,147 people killed: US drone strikes – the facts on the ground”,
24.11.2014, https://www.theguardian.com/us-news/2014/nov/24/-sp-us-drone-strikes-kill-1147 (abgerufen am 02.06.2017).
Reprieve, „You never die twice: Multiple kills in the US drone program”, Executive Summary, November 2014, http://www.reprieve.org/wp-content/uploads/2014_11_24_PUB-You-Never-Die-Twice-Multiple-Kills-in-the-US-Drone-Program-1.pdf
(abgerufen am 02.06.2017); The Guardian „41 men targeted but 1,147 people killed: US drone strikes – the facts on the ground”,
24.11.2014, https://www.theguardian.com/us-news/2014/nov/24/-sp-us-drone-strikes-kill-1147 (abgerufen am 02.06.2017).

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