Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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– 1643 –
Drucksache 18/12850
Ausstattung von Mitarbeiter_innen der US-Dienste mit deutschen Tarnpapieren
DIA-Befrager_innen wurden für ihre Arbeit bei der HBW mit deutschen Tarnpapieren ausgestattet, die sie
bis zu ihrer Versetzung behielten. In Befragungen waren sie ebenfalls als HBW-Mitarbeiter_innen legendiert,8842 es war den Befragten also nicht bewusst, dass sie nicht nur vor deutschen, sondern auch vor USamerikanischen Sicherheitsbehörden aussagten.
Die Ausstattung von Mitarbeiter_innen der US-Dienste mit deutschen Tarnpapieren erfolgte nach Angaben
der Bundesregierung auf Grundlage des § 3 BNDG i.V.m. § 8 Abs. 2 BVerfSchG.
Nach § 3 BNDG darf der BND zur heimlichen Beschaffung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten die Mittel gemäß § 8 Abs. 2 BVerfSchG anwenden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
§ 8 Abs. 2 Satz 1 bis 3 BVerfSchG lautet:
„Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf Methoden, Gegenstände und Instrumente
zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und
Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und
Tarnkennzeichen anwenden. In Individualrechte darf nur nach Maßgabe besonderer
Befugnisse eingegriffen werden. Im Übrigen darf die Anwendung eines Mittels gemäß
Satz 1 keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung
des aufzuklärenden Sachverhalts steht.“
Geht man davon aus, dass die HBW als Legendenbehörde selbst das Mittel zur heimlichen Beschaffung von
Informationen im Sinne des § 3 BNDG war, so war die Ausstattung von Mitarbeiter_innen der US-Dienste
mit deutschen Tarnpapieren ein Mittel zum Schutze des Mittels zur heimlichen Beschaffung von Informationen. Es ist aber äußerst zweifelhaft, ob eine solche doppelte Ableitung noch von dem Regelungsgedanken
des § 3 BNDG i.V.m. § 8 Abs. 2 BVerfSchG gedeckt ist. Dies inbesondere vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips im Hinblick auf die Tatsache, dass in den Befragungen der HBW die Mitarbeiter_innen der
AND als Vertreter_innen einer deutschen Behörde aufgetreten sind.
f)
Fachaufsicht im Kanzleramt lange Zeit untätig
Die zuständige Rechts- und Fachaufsicht im Bundeskanzleramt reagierte reichlich spät auf die rechtswidrige
Befragungspraxis der BND-Tarnbehörde.
Erst Ende November 2013, ungefähr ein halbes Jahr vor Auflösung der HBW, untersagte der verantwortliche
Referatsleiter der Fachaufsicht, Albert Karl, die Durchführung von alleinigen Befragungen durch Partnerdienste. In einer E-Mail vom 25. November 2013 an die BND-Leitung wies Karl an, dass ab sofort keine
Befragungen mehr ohne Beisein von BND-Mitarbeiter_innen stattfinden dürften.8843
8842)
8843)
A. K., Protokoll-Nr. 64 I, S. 18.
Karl, Protokoll-Nr. 76 I, S. 73.