Drucksache 18/12850
– 1640 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
„Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an ausländische
öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn
die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn
auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu
machen. Der Empfänger ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu
dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie ihm übermittelt wurden, und das
Bundesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten zu bitten.“
Eine Übermittlung setzt damit eine umfassende Prüfungspflicht des BND über den Inhalt, die Bedeutung und
die Verwendung der Informationen voraus.
In der Wertung der Koalition wurde dabei „im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben – jeweils im Einzelfall geprüft, ob schutzwürdige Interessen des Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwogen. Die Übermittlung erfolgte immer unter der Bedingung, dass die Informationen nicht für unangemessenen Maßnahmen verwendet werden durften (z.B. Folter, Verurteilung zum Tod).“ Zudem seien die weiterzugebenden Meldungen im Hinblick auf den Datenschutz und mögliche militärisch nutzbare Daten bereinigt
worden. Die Beweisaufnahme habe keinen Hinweis darauf erbracht, dass Inhalte der Befragungen dem BND
vorenthalten oder an diesem vorbei direkt an die jeweiligen ausländischen Nachrichtendienste übermittelt
worden wären.8830
Eine solche Bewertung allerdings verweigert sich dem Gesetz der Physik, welches lautet, dass man nicht
gleichzeitig an einem Ort anwesend und nicht anwesend sein kann. Waren die Mitarbeiter_innen der AND
bei einer Befragung anwesend oder haben diese sogar gänzlich ohne Beteiligung der BND-Mitarbeiter_innen
geführt, so konnte naturgemäß eine solche Einzelfallprüfung oder Informationsbereinigung gerade nicht stattfinden, da die Übermittlung zeitlich mit der Erhebung der Daten zusammenfiel. Nach den Aussagen der
HBW-Leiterin K. konnte sie zudem nur darüber entscheiden, wer die Befragungen durchführt, nicht, welche
der erhobenen Informationen zur Weitergabe qualifiziert sind und unter welchen Voraussetzungen.8831 Diese
Auswahl habe die Stelle „Auftragssteuerung und Koordinierung“8832 getroffen:
„[…] der Auswerter hat darüber entschieden, ob eine Meldung an den AND weitergegeben werden darf oder nicht.“8833
Weil aber bereits die gemeinsame Informationserhebung nicht aufgrund einer Rechtsgrundlage erfolgt ist,
hätte es einer solchen Einzelfallprüfung i.S.d. § 9 Abs. 2 BNDG i.V.m. § 19 Abs. 3 BVerfSchG bedurft.
Weder eine Erforderlichkeitsprüfung, noch eine Abwägungsentscheidung im Einzelfall vor dem Hintergrund
schützwürdiger Interessen des oder der Betroffenen oder einem Hinweis auf die Zweckbindungsmaßgabe
8830)
8831)
8832)
8833)
Bewertung des Ausschusses durch die Mehrheit, Fassung vom 28. April 2017, S. 126 (VERWEIS AUF AKTUELLE SEITENZAHL)
A. K. Protokoll-Nr. 64 I, S. 9 f.
A. K. Protokoll-Nr. 64 I, S. 64.
A. K. Protokoll-Nr. 64 I, S. 64.