Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1635 –
Drucksache 18/12850
auslösten.8799 Deshalb war die konkrete Gestaltung der Kooperation mit den US-Nachrichtendiensten von
hohem Interesse für den Ausschuss.
Zum anderen ist unklar, inwiefern Befragungen mit Asylbewerber_innen Einfluss auf deren Asylverfahren
hatte. Klar ist, dass HBW und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eng miteinander zusammenarbeiteten, was sowohl durch die Aussage der Zeugin A. K. gestützt wird als auch durch die der
leitenden BAMF-Angestellten Renate Leistner-Rocca.
1.
Unzulässige Befragungspraxis
In einem Bericht des ARD-Fernsehmagazins Panorama im November 2013 berichtete ein aus Somalia nach
Deutschland Geflüchteter von seiner Befragung durch die HBW. Er habe ihnen die Telefonnummer eines
Anführers der Al-Shabaab-Miliz gegeben. Auf welche Art diese verwendet worden sei, wisse er nicht.8800
Dass solche Informationen, wenn sie an US-Dienste weitergegeben werden, als HUMINT – „Human Intelligence“ (menschliche Quellen) – zur Lokalisierung von Zielpersonen für Drohnenangriffe verwertet werden,
ist nicht auszuschließen.8801
Im Fokus der Vernehmungen im Untersuchungsausschuss stand deshalb die genaue Befragungspraxis – die
Auswahl der Befragten, der Inhalt der Befragungen, die Form der Beteiligung von AND-Mitarbeiter_innen
sowie die Frage, ob auch alleinige Befragungen durch DIA-Mitarbeiter_innen stattgefunden hätten.
a)
Brotpreise oder Militärdaten?
Die Angaben der ehemaligen HBW-Leiterin A. K. zu Inhalten der Befragungen fielen eher vage aus. Es sei
um „Informationsgewinnung zu zentralen Fragen, […] Politik, Wirtschaft, […] Versorgungslage und Ähnliches mehr“8802 gegangen.
So sei beispielsweise bezüglich der Versorgungslage nach Brotpreisen gefragt worden.8803 Personenbezogene
Daten wie E-Mail-Adressen oder Handynummern hätten nicht im Mittelpunkt der Befragungen gestanden.8804 Frau K. war allerdings selbst nicht bei Befragungen dabei und meinte an anderer Stelle, sich daher
nicht konkret zu Befragungsinhalten äußern zu können.8805
Der ehemalige Befrager und Befragerführer R. C. antwortete auf die Frage, ob sich die Befrager_innen auch
für Kontaktdaten interessiert hätten oder ob tatsächlich nur Fragen zur allgemeinen Stimmung im Herkunftsland Inhalt der Befragungen gewesen seien:
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Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22. Februar 2008, „Waffe der Massendesinformation“, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/politik/waffe-der-massendesinformation-1516823.html, abgerufen am 25. Mai 2017).
Panorama Nr. 774 vom 28. November 2013, „Geheimer Krieg: Die verborgenen Operationen der US-Dienste in Deutschland”,
Film: 00:22:26 min, http://www.ardmediathek.de/tv/Panorama/Panorama-Geheimer-Krieg/Das-Erste/Video?bcastId=310918&documentId=18359668 (abgerufen am 26. Mai 2017), Skriptum: S. 6, https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2013/panorama4781.pdf (abgerufen am 26. Mai 2017).
Vgl. hierzu Kapitel XII.4.h) – Identifizierung von Zielpersonen für US-Drohnenangriffe durch Metadaten und „Skynet“
A. K., Protokoll-Nr. 64 I, S. 12.
A. K., Protokoll-Nr. 64 I, S. 12.
A. K., Protokoll-Nr. 64 I, S. 96 f.
A. K., Protokoll-Nr. 64 I, S. 105.