Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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– 1629 –
Drucksache 18/12850
Das Europäische Parlament fand schon damals beunruhigend, dass die verantwortlichen Stellen in den
Mitgliedsländern keine Ahnung von der Existenz des weltweiten Abhörsystems hatten.8766
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Die Nachrichtendienste der USA klären nicht nur allgemeine wirtschaftliche Sachverhalte auf, sondern
auch und gerade die Kommunikation bei Wirtschaftsunternehmen, wenn es um Auftragsvergaben
geht.8767
Unter Spionage verstehen die Verfasser_innen „nichts anderes als den organisierten Diebstahl von Informationen“8768. Sie hielten fest:
„Schon vor 50 Jahren galt das Interesse nicht nur Informationen aus den Bereichen
Politik und Sicherheit, sondern ebenso aus der Wissenschaft und Wirtschaft.“8769
„Seit 1990 hat die amerikanische Regierung zunehmend wirtschaftliche und nationale
Interessen gleichgesetzt […] wirtschaftliche Sicherheit [ist] ein integraler Bestandteil
nicht nur der nationalen Interessen sondern auch der nationalen Sicherheit.“8770
Im Bericht des Europäischen Parlaments wird einerseits ausführlich dargestellt, dass bereits 2001 genügend
Hinweise dafür vorlagen, dass die USA mit Hilfe eines weltweiten Sattelitennetzes aktiv Wirtschaftsspionage
betrieben. Eine der dafür notwendigen Abhörstationen befand sich in Bad Aibling und somit auf deutschem
Boden.
Andererseits macht der Bericht auch deutlich, dass die Grenzen des Echelon-Systems darin lagen, dass es
lediglich zum Abhören von Satellitenkommunikation geeignet war. In Regionen mit dichten Glasfasernetzen
wie Europa, erfolgt die Kommunikation jedoch eher leitungsgebunden, als via Satellit.8771 Spätestens an dieser Stelle hätten auch die deutschen Dienste gewarnt sein müssen. Es ist nur folgeloisch, dass sich Dienste
die Wirtschaftsspionage betreiben wollen (was der Echelon-Bericht zweifelsfrei feststellt) sich auch weitere
Wege, jenseits der Satellitenkommunikation suchen, um an Informationen zu gelangen.
Nach Kenntnis des Berichtes sind Zeugenaussagen wie die des Zeugen Dr. Thomas Kurz, Referatsleiter in
der für die Aufsicht der Geheimdienste zuständigen Abteilung 6 des Kanzleramts, wenig nachvollziehbar:
„Und wir sind davon ausgegangen, dass die Amerikaner das nicht tun. […] Es gab nie
einen Anhaltspunkt, dass dem so sein könnte.“8772
Der Zeuge Hans Josef Vorbeck, ebenfalls Abt. 6 des Kanzleramts, bestätigte dies:
„Aber da waren die Schwerpunkte relativ deutlich immer in Richtung Osten. Und auch
diese Echelon-Diskussion hat zumindest in Bezug auf Wirtschaftsspionage da nicht
allzu viel dran geändert, weil wir eben, wie auch heute noch, der Überzeugung sind,
8766)
8767)
8768)
8769)
8770)
8771)
8772)
Vgl. Echelon-Bericht, MAT A BND-2/2g, Bl. 176.
Vgl. Echelon-Bericht, MAT A BND-2/2g, Bl. 178.
Vgl. Echelon-Bericht, MAT A BND-2/2g, Bl. 190.
Echelon-Bericht, MAT A BND-2/2g, Bl. 231.
Echelon-Bericht, MAT A BND/2-2g, Bl. 275.
Vgl. Echelon-Bericht, MAT A BND-2/2g, Bl. 236.
Kurz, Protokoll-Nr. 52 I , S. 38.