Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1543 –

Drucksache 18/12850

Das ist an sich schon völlig unzureichend. Ein Vertrauen in die NSA, sich künftig aufgrund einer bloßen
mündlichen Aufforderung an Vereinbarungen zu halten, ist nicht gerechtfertigt und erscheint angesichts der
Schwere des Verstoßes und Vertrauensbruchs geradezu naiv.
R. U. selbst erwähnte übrigens nichts von einem solchen Gespräch mit SUSLAG; er hat ausgesagt, dass er
nur mit seinem Mitarbeiter W. O. über das NSA-Selektoren-Problem gesprochen habe und ihn anwies, die
Selektoren zu deaktivieren.8305
Nach Unterlagen zur BND-internen Aufarbeitung der NSA-Selektoren-Problematik nach März 2015 habe es
mehrere solcher Gespräche mit SUSLAG gegeben; die NSA-Verbindungsstelle habe sich aber nicht zuständig gesehen. Gespräche zwischen BND und zuständiger Ebene der NSA seien mehrmals verschoben worden.
Erst im November 2014 fand schließlich ein Treffen mit verantwortlichen NSA-Vetretern statt, bei dem –
wie von D. B. im August 2013 angewiesen – der NSA verdeutlicht wurde, dass solche Selektoren zum Ausspionieren europäischer Nachbarstaaten nicht gesteuert werden dürften.8306 Und auch bei diesem Gespräch
konnte keine zeitnahe Lösung des NSA-Selektorenproblems erreicht werden.
Vor diesem Hintergrund konnte Unterabteilungsleiter D. B. im August 2013 keineswegs davon ausgehen,
dass das Problem nun gelöst sei und neue, abgewandelte unzulässige EU-bezogene Selektoren von der NSA
nicht mehr übermittelt würden. Die Kriterien für die wöchentliche Prüfung neuer NSA-Selektoren in der
Zentrale waren nicht angepasst worden und in Bad Aibling fand unserer Kenntnis nach vor März 2015 keine
weitere Selektorenprüfung statt. Die Prüfung im Sommer 2013 blieb – soweit der Ausschuss feststellen
konnte – eine einmalige Angelegenheit.
Die Filterkriterien wurden erst ab März/April 2015 – letztlich als Folge des Ausschusses – modifiziert und
erst damit wurde ein wirkliches dreistufiges Prüfverfahren für die NSA-Selektoren etabliert. Unlesbare Selektoren und Deutungen konnten damit jedoch weiterhin nicht überprüft werden.
Wegen der Vertuschung des Selektoren-Skandals hat die Fachaufsicht die Notbremse viel zu spät gezogen.
Erst im Mai 2015 hat der Chef des Kanzleramtes, Peter Altmaier, angewiesen, dass keine NSA-Selektoren
mehr gesteuert werden dürfen, deren Begründung der BND nicht nachvollziehen könne. Da die NSA dies
nicht umsetzen konnte oder wollte, wurde bis auf Weiteres die Erfassung von Internetverkehren mit Selektoren in Bad Aibling eingestellt.8307 Diese Entscheidung war richtig und überfällig. Zu bezweifeln ist jedoch,
dass sie ausreichend war. Auch die Überprüfbarkeit von Telefonie-Selektoren der NSA, die weiterhin eingesetzt werden, wirft nach wie vor rechtliche und praktische Fragen auf, die nicht gelöst sind. Es besteht daher
die Gefahr des fortwährenden Rechtsbruchs.

8305)
8306)
8307)

R. U., Protokoll-Nr. 47 I, S. 17.
Vgl. Vorhalt aus MAT A BND-73, Ordner 535, PDF-Seite 20, in: Protokoll-Nr. 126 II (Tgb.-Nr. 53/17 – STRENG GEHEIM, nur
zur Einsicht in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages), S. 111 f.
Süddeutsche.de vom 6. Mai 2015, „BND stoppt Internet-Überwachung für NSA“, http://www.sueddeutsche.de/politik/geheimdienst-affaere-bnd-stoppt-internet-ueberwachung-fuer-die-nsa-1.2468701.

Select target paragraph3