Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Nach der Presseberichterstattung zum abgehörten Kanzlerinnen-Handy Ende Oktober 2013 und den erneuten
Äußerungen Merkels („Abhören unter Freuden, das geht gar nicht“), gab Schindler den Auftrag an die Abteilung TA, ihm aufzulisten, welche Botschaften aus EU- und NATO-Staaten der BND steuert.8299 (Zu den
unzulässigen BND-Selektoren siehe Kapitel VIII.)
Für das Kanzleramt gilt dies in gleicher Weise. Wenn es keine derartigen Nachfragen zur Kooperation mit
der NSA, insbesondere zu den eingesetzten Suchbegriffen gegeben hat, wäre dies ein Versäumnis der Fachaufsicht durch BND-Amtsleitung und Kanzleramt. Anlasse zum Nachfragen gab es wegen der SnowdenBerichterstattung reichlich. Der Selektoren-Skandal und das Ausspionieren europäischer Nachbarstaaten
durch die NSA mithilfe des BND wären womöglich noch vor der Wahl 2013 aufgedeckt worden.
d)

Verschleppung des NSA-Selektoren-Problems bis März 2015 als Folge der Vertuschung

Das Verschweigen und Vertuschen des NSA-Selektorenproblems hatte weitreichende Folgen. Denn es ging
soweit, dass nicht einmal der für die wöchentliche Selektorenprüfung zuständige BND-Mitarbeiter in
Pullach, K. M., von den Deaktivierungen in Bad Aibling und den Kriterien dafür erfahren hat. In seinem
Zuständigkeitsbereich lagen die Filter und Wortbanken, mit denen die wöchentlich neu gelieferten NSASelektoren automatisiert geprüft wurden. Aber auch für die Pflege der Filter, mit denen die an die NSA zu
übermittelnden Daten gefiltert wurden, war er zuständig.
Vor dem Ausschuss gab K. M. an, dass er von den Tausenden im Sommer 2013 aussortierten E-Mail-Adressen erst nach März 2015 erfahren habe.8300 Er habe weder von der Prüfung durch Dr. M. T. noch von den
Deaktivierungen durch W. O. in Bad Aibling gewusst.8301 Er kritisierte, dass es ihm daher nicht möglich
gewesen war, die Prüfkriterien für die Filter anzupassen.8302
K. M.s Arbeitsbereich hätte in jedem Fall umgehend von den Funden unzulässiger NSA-Selektoren informiert werden müssen, um die Filterkriterien anzupassen. Alle seine Vorgesetzte – der Unterabteilungsleiter
D. B., der Referatsleiter H. K. und auch sein direkter Vorgesetzter T. B. – wussten von dem Selektorenproblem. Aber sie schwiegen pflichtwidrig und gaben pflichtwidrig keine Anweisung, die Filter entsprechend
anzupassen.8303
Der Zeuge D. B. gab an, das Selektorenproblem vermeintlich dadurch für die Zukunft „gelöst“ zu haben, dass
er den Dienststellenleiter von Bad Aibling, R. U., noch im August 2013 beauftragt hatte, zum NSA-Verbindungsbüro SUSLAG in Bad Aibling zu gehen, und die NSA aufzufordern, „dieses zukünftig zu unterlassen
bzw. selber aus der Erfassung zu nehmen“.8304

8299)
8300)
8301)
8302)
8303)
8304)

Vgl. E-Mail des Stabsreferats TAZ vom 28. Oktober 2013, Betreff: Gesteuerte Vertretungen, MAT A BND-44/2 (Tgb.-Nr. 223/16
– GEHEIM), Ordner 432, Bl. 148 (VS-NfD).
K. M., Protokoll-Nr. 62 I, S. 51.
K. M., Protokoll-Nr. 62 I, S. 34.
K. M., Protokoll-Nr. 62 I, S. 51.
Der Zeuge D. B. berief sich zu dieser Frage auf sein Auskunftsverweigerungsrecht, D. B., Protokoll-Nr. 48 I, S. 127.
D. B., Protokoll-Nr. 62 I, S. 93.

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