Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1539 –

Drucksache 18/12850

Informationsweitergabe verantwortlich. In D. B.s Verantwortungsbereich fand die NSA-Selektorenprüfung
statt; in W. K.s Verantwortungsbereich liegt die Außenstelle Bad Aibling.
Auf Fragen, warum D. B. die Selektorenfunde im Sommer 2013 nicht nach oben gemeldet habe, berief er
sich vor dem Ausschuss auf sein Auskunftsverweigerungsrecht. D. B. gab lediglich an, er habe keine Relevanz dafür gesehen, den Vorgang nach oben zu melden.8286 Mit der Kenntnis von heute würde er anders
handeln; er sieht in dem Versäumnis einen „objektiven Fehler“.8287
W. K. hat die alleinige Verantwortung auf D. B. geschoben; für ihn sei „keine Brisanz erkennbar“ gewesen.8288
Auffällig ist, dass über den Prüf- und Löschvorgang im August 2013 – abgesehen von der nachträglich aus
der Datenbank in Bad Aibling extrahierten Ablehnungsliste der NSA-Selektoren und drei wiederaufgefundenen E-Mails – keine Unterlagen im BND (mehr) existieren. Aufträge, Weisungen und Ergebnismeldungen
wurden nach Zeugenaussagen fast ausschließlich mündlich übermittelt. Dies unterstützt die These einer gezielten Vertuschung. Solch gravierende Vorgänge nicht zu verschriftlichen, ist ebenfalls ein schweres Versäumnis: Es verunmöglicht die Dienst- und Fachaufsicht. Der Vorgang war dadurch für niemandem im BND
nachvollziehbar. Möglicherweise war genau dies so gewollt.
bb)

Schweigen ist Gold

Angesichts der damaligen öffentlichen Diskussion um die Snowden-Dokumente ist es kaum vorstellbar, die
beiden BND-Unterabteilungsleiter D. B. und W. K. hätten den Vorgang lediglich falsch eingeschätzt und daher nicht nach oben gemeldet. Der Juli 2013 war geprägt von Enthüllungen über NSA-Spionage gegen Partnerstaaten. Ende Juni/Anfang Juli berichteten Der Spiegel und der britische Guardian darüber, wie die NSA
diplomatische Vertretungen europäischer Staaten und der EU verwanzt und ausgespäht habe.8289 Regierungssprecher Seibert nahm diese Berichte zum Anlass, auf der Regierungspressekonferenz vom 1. Juli 2013 eine
solche Überwachung scharf zu kritisieren:
„Wenn sich aber bestätigt, dass tatsächlich diplomatische Vertretungen der Europäischen Union und einzelner europäischer Länder ausgespäht worden sind, dann müssen
wir ganz klar sagen: Abhören von Freunden ist inakzeptabel. Das geht gar nicht. Wir
sind nicht mehr im kalten Krieg.“8290
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich auf der Sommerpressekonferenz am 19. Juli 2013 in gleicher
Weise geäußert:

8286)
8287)
8288)
8289)

8290)

D. B., Protokoll-Nr. 47 I, S. 51.
D. B., Protokoll-Nr. 47 I, S. 65, 113.
W. K., Protokoll-Nr. 48 I, S. 77.
Spiegel Online vom 29. Juni 2013, „NSA horcht EU-Vertretungen mit Wanzen aus“, http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/nsa-hat-wanzen-in-eu-gebaeuden-installiert-a-908515.html, abgerufen am 18. Juni 2017; The Guardian vom 30. Juni 2013,
„New NSA leaks show how US is bugging its European allies“, https://www.theguardian.com/world/2013/jun/30/nsa-leaks-usbugging-european-allies, abgerufen am 18. Juni 2017; Der Spiegel vom 1. Juli 2013, „Angriff aus Amerika“.
Mitschrift der Regierungspressekonferenz vom 1. Juli 2013, http://www.schattenblick.de/infopool/parl/fakten/pafp0628.html, abgerufen am 5. Juni 2017.

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