Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1529 –
Drucksache 18/12850
Der Zeuge H. K., Referatsleiter T2A und zuständig für das Sachgebiet, das die NSA-Selektoren wöchentlich
geprüft hat, räumte in seiner Vernehmung Probleme wegen der Nichtlesbarkeit von Selektoren ein und schilderte die gravierenden Folgen:
„Was T2A anbetrifft, haben wir da einfach das Problem gehabt, [...]8237.“8238
BND-Zeug_innen haben versucht, das Problem zu relativieren, in dem sie darauf verwiesen haben, dass die
NSA-Selektoren in sogenannten Equations geliefert worden seien. Nach Angaben des BND seien in einer
„Equation“ zu einem Teilnehmer, sofern vorhanden, mehrere Selektoren gespeichert gewesen, z. B. eine
Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse.8239 Sobald einer der Selektoren als „geschützt“ erkannt worden
sei, sei die gesamte „Equation“ nicht für die Erfassung freigegeben worden.8240
Dieser vermeintliche Sicherungsmechanismus kann aber selbst nach BND-Logik nur dann funktionieren,
wenn in einer „Equation“ in jedem einzelnen Fall neben einem nichtlesbaren Selektor ein lesbarer vorhanden
ist, der auch auf „G 10“-Schutz und Erforderlichkeit und Zulässigkeit geprüft werden kann. Beispielsweise
müsste zu einem Selektor mit einer unbekannten Ziffernfolge auch ein Telefonnummern-Selektor existieren.
Es ist zu bezweifeln, dass dies immer der Fall war.
Da der NSA stets mitgeteilt wurde, welche Selektoren der BND abgelehnt hat, und nichtlesbare Selektoren
bis mindestens März 2015 auch nicht von vornherein vom BND aussortiert wurden, wäre es für die NSA ein
Leichtes gewesen, nichtüberprüfbare Selektoren so zu liefern, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht
abgelehnt worden wären. Entweder als einziger Selektor in der „Equation“ oder quasi verschleiert in einer
Equation mit zulässigen Selektoren zu einem anderen Teilnehmer. Ein Vertrauensvorschuss gegenüber der
NSA, dass sie hier in jedem Fall vereinbarungsgemäß arbeitet, ist nach den Erfahrungen des BND bei EIKONAL nicht angebracht (siehe hierzu unter V.6 – Zu Risiken und Nebenwirkungen…).
Aufgrund der fehlenden Deutungen und nichtlesbarer oder erkennbarer Selektoren konnte weder ein umfassender G 10-Schutz noch ein Schutz deutscher und europäischer Interessen gewährleistet werden. Auch eine
Erforderlichkeitsprüfung ist wegen fehlender Kenntnis darüber, wessen Kommunikation ein Selektor zu welchem Zweck überhaupt erfassen soll, gar nicht erfolgt. Eine derartige Praxis verstößt gegen das BND-Gesetz
und das Artikel 10-Gesetz.
Auch die BfDI kommt in ihrer rechtlichen Bewertung zu diesem Ergebnis. In dem auf Netzpolitik.org veröffentlichten Bericht heißt es:
„Der BND hat seine insoweit bestehende Prüfpflicht nicht erfüllt. Er hat ohne die notwendige positive Erforderlichkeitsprüfung die von der NSA ohne Deutungen übermit-
8237)
8238)
8239)
8240)
Der dieser Textfassung entnommene Text ist in der von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages in der Geheimschutzstelle des
Deutschen Bundestages unter Tgb.-Nr. 302/17-GEHEIM einsehbaren „Platzhaltermappe“ auf A-Drs. 603 enthalten, welche die
ebenfalls dort durch diesen Personenkreis einsehbare Textfassung auf A-Drs. 596 unter Tgb.-Nr. 301/17-GEHEIM ergänzt.
H. K., Protokoll-Nr. 87 (Tgb.-Nr. 269/16 – GEHEIM), S. 34.
W. O., Protokoll-Nr. 48 I, S. 12.
W. O., Protokoll-Nr. 48 I, S. 15.