Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1525 –

Drucksache 18/12850

NSA, dass die Zwecke der gemeinsamen Fernmeldeaufklärung festhielt und die Aufklärung europäischer
Ziele nur unter bestimmten Voraussetzungen gestattete,8218 war den zuständigen Mitarbeiter_innen nur teilweise oder gar nicht bekannt.
Festzustellen ist hier ein seit Beginn der Kooperation durchgängiges Führungsversagen der Abteilungsleitung
und des BND-Präsidenten, da abgesehen vom „G 10“-Schutz keine Vorgaben für die Zulässigkeit des Einsatzes der NSA-Selektoren gemacht wurden.
bb)

Riesige Anzahl der NSA-Selektoren unverhältnismäßig und das Problem der Permutationen und Abwandlungen

Ein rechtliches und ein Überprüfungs-Problem stellt auch die große Anzahl der von der NSA gelieferten
Selektoren dar. Nach Medienberichten sei der Bestand von anfangs mehreren hundertausend NSA-Selektoren
auf rund 8,2 Millionen im August 20138219 angewachsen; darunter seien aktive und inaktive – also eingesetzte
und nicht eingesetzte – Suchbegriffe gewesen. Im Jahr 2015 habe die Anzahl bei mindestens 14 Millionen
NSA-Selektoren gelegen.8220 Im März 2015 hätte der BND davon ca. 4,6 Millionen Suchbegriffe der NSA
tatsächlich eingesetzt, die sich auf 1,267 Millionen Personen und Unternehmen bezogen hätten.8221 Bei den
Angaben gehen wir davon aus, dass es sich um sog. IP-Selektoren handelt und weitere, jedoch eine deutlich
geringere Anzahl, sog. Telefonie-Selektoren hinzukommen.
Selbst wenn man berücksichtigt, dass in den IP-Selektoren der NSA sogenannte Permutationen8222 enthalten
sind, stellen rund 1,2 Millionen reale Personen und Unternehmen – nimmt man die Zahlen von März 2015 –
eine ungeheure Anzahl von Betroffenen dar.
Die Nutzung der NSA-Selektoren muss – damit sie rechtmäßig ist – auch für die Aufgabenerfüllung des BND
erforderlich sein. Es genügt nicht, dass der BND hier eine Art Auftragserfassung für die NSA praktiziert,
weil er dies zwecks Kooperation in einem MoA so vereinbart hat. Die Kooperation und die vereinbarte Datenübermittlung allein können keine zulässigen Zwecke der Datenerhebung sein.8223
Aus den Zeugenaussagen ist deutlich geworden, dass der Umfang der NSA-Selektoren den der in der Kooperation genutzten BND-Selektoren um ein Mehrfaches übersteigt. Aus den Aussagen der BND-Zeug_innen ergibt sich zudem, dass der BND, die mit den NSA-Selektoren erzielten „Treffer“ aus Kapazitätsgründen
überwiegend gar nicht auswertet.8224 Allein das zeigt schon, dass die NSA Selektoren übermittelt hat, an
denen der BND in der Regel gar kein Interesse hatte, die also nicht erforderlich im Sinne des § 1 Absatz 2
Satz 1, § 2 Absatz 1 Satz 1 BNDG waren.

8218)
8219)
8220)
8221)
8222)
8223)
8224)

Schindler, Protokoll-Nr. 54 I, S. 30.
Zeit Online vom 19. Mai 2015, „Selbst der BND weiß nicht, was NSA-Selektoren suchen“, http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2015-05/bnd-affaere-selektoren-nsa-liste, abgerufen am 18. Juni 2017.
Zeit Online vom 19. Mai 2015, „Selbst der BND weiß nicht, was NSA-Selektoren suchen“, http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2015-05/bnd-affaere-selektoren-nsa-liste, abgerufen am 18. Juni 2017.
Zeit Online vom 19. Mai 2015, „Selbst der BND weiß nicht, was NSA-Selektoren suchen“, http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2015-05/bnd-affaere-selektoren-nsa-liste, abgerufen am 18. Juni 2017.
Permutationen seien nach BND-Erläuterung Abwandlungen in der technischen Schreibweise ein und desselben Selektors wegen
der bei Internetkommunikation unterschiedlich verwendeten Kodierungsverfahren; beim Permutieren beispielsweise einer E-MailAdresse werde das @-Zeichen durch %40 ersetzt; vgl. auch Graulich, Bericht vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 25 ff.
Im Ergebnis so auch unter 1.A.I.2.b), zitiert nach netzpolitik.org, https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bndbricht-dutzendfach-gesetz-und-verfassung-allein-in-bad-aibling/, abgerufen am 30. Mai 2017.
R. U., Protokoll-Nr. 47 I, S. 22 f.

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