Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1513 –
Drucksache 18/12850
zusammen – mit einem gemeinsamen Zugriff auf die Daten, bis mindestens Herbst 2007 sogar in einem
gemeinsamen Netzwerk. Alles, was in das gemeinsame System floss, stand der NSA zur Verfügung.
Wir gehen daher davon aus, dass der BND der NSA bei der Operation EIKONAL auch massenhaft Telekommunikationsdaten von Deutschen bzw. mit Deutschlandbezug rechtswidrig zugänglich gemacht hat.
Angesichts des verheerenden Ergebnisses des Schwachstellenberichts hätte der BND die Operation EIKONAL umgehend, d. h. spätestens im Sommer 2007 abbrechen müssen. Den Bericht oder wenigstens dessen
Befunde hat der damalige Abteilungsleiter 2 nach eigenem Bekunden weder dem Präsidenten noch dem
Kanzleramt zur Kenntnis gegeben. Bei solcherart gravierender Grundrechtsverstöße (selbst wenn sie nur potentielle gewesen wären) und einer derart für den BND bedeutsamen Kooperation mit der NSA hätte dies
zwingend gemeldet müssen, um eine Entscheidung der Vorgesetzten zu erwirken.
Stattdessen wurde – wenn auch möglicherweise mit einer kurzen Unterbrechung – weitergemacht. Der damalige Projektleiter von EIKONAL, der Zeuge S. L. bestätigte einen sog. „Wirkbetrieb“ für IP-Verkehre ab
Mitte/Ende 2007 bis Juni 2008 mit Weiterleitung der Daten an die JSA.8177 Schlechterdings unvorstellbar ist,
dass der BND die im Schwachstellenbericht benannten gravierenden Probleme und Defizite – wie BNDZeug_innen behaupteten – in dieser kurzen Zeit behoben haben soll. Vollends unglaubwürdig wird die vom
BND (und der Koalition) kolportierte Geschichte dadurch, dass der Wirkbetrieb nach neun Monaten im Sommer 2008 komplett eingestellt und die Operation EIKONAL damit beendet worden sein soll. Als Grund
wurde sogar gegenüber dem Kanzleramt angeführt, dass der G 10-Filter nicht funktionierte und auch auf
absehbare Zeit nicht funktioneren würde:
„Das Vorhaben scheiterte daran, dass es technisch nicht möglich ist, eine absolute und
fehlerfreie Trennung von geschützter und ungeschützter Kommunikation zu erreichen.“8178
Die Probleme aus dem Schwachstellenbericht waren offenkundig nicht behoben.
Der versagende G 10-Filter war sicherlich ein Grund für das (zu späte) Ende der Operation. Aufgrund der
Unterlagen kommen wir zu dem begründeten Schluss, dass EIKONAL auch wegen des Verdachts abgebrochen wurde, die NSA würde Aufklärung gegen Deutschland und Staaten der EU betreiben. Ebenso die späteren, in den Medien wiedergegebenen Warnungen des BND an das Kanzleramt und dessen damaligen Chef
de Maiziére aus den Jahren 2008 bis 20108179 weisen in diese Richtung.
Der BND zog die Notbremse, weil er die US-Technik und die NSA nicht im Griff hatte – und sich der USamerikanische Geheimdienst nicht an die Regeln halten wollte.
8177)
8178)
8179)
S. L., Protokoll-Nr. 26 I, S. 66.; siehe hierzu auch im Feststellungsteil unter F.IV.4.c) – Wirkbetrieb IP (Ende 2007 bis Juni 2008)
Zitiert nach Süddeutsche Zeitung vom 4. Oktober 2014, „Codewort Eikonal“ „, http://www.sueddeutsche.de/politik/geheimdienstecodewort-eikonal-der-albtraum-der-bundesregierung-1.2157432..
Bspw. Frontal21 vom 27. April 2015, „Nachgehakt – US-Wirtschaftsspionage: de Maiziere war ab Februar 2008 informiert“, vgl.
https://www.zdf.de/ZDF/zdfportal/blob/38338402/1/data.pdf.