Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

leiter, hat dazu ausgesagt, dass das Kontrollsystem dazu gedient habe zu prüfen, ob tatsächlich nur mit solchen Selektoren Telekommunikation erfasst wurde, die auch vom BND freigegeben worden waren.8165 Offenbar bestand der Verdacht, dass am BND vorbei Suchbegriffe in die Erfassungssysteme eingeschleust werden oder anderweitig Kommunikationsdaten erfasst werden können.
Wie eine Ironie der Geschichte wirkt dann am Ende, dass der BND durch mangelhafte Prüfung der NSASelektoren selbst tausende unzulässige Suchbegriffe in die Erfassugssysteme eingestellt hat.8166
Die BND-Mitarbeiter_innen in der JSA in Bad Aibling sahen sich seitens der Zentrale in Pullach dem Vorwurf ausgesetzt, sie seien „amerikanisiert“.8167 Was wohl soviel bedeuten sollte, dass sie kritiklos mit den
NSA-Mitarbeiter_innen zusammenarbeiteten. In diesem Zusammenhang fiel auch der Begriff „StockholmSydrom“. Das dadurch gezeichnete Bild beschreibt zutreffend die problematische Konstellation in der JSA.
Die JSA – mit Arbeitssprache Englisch – war vom BND als Sachgebiet mit NSA- und BND-Mitarbeiter_innen unter einem BND-Mitarbeiter als Leiter und einem der NSA als Stellvertreter aufgestellt. Sie war so
organisiert, dass die NSA-Mitarbeiter_innen sich darin prinzipiell frei bewegen konnten, auch wenn ihnen
„pärchenweise“ Aufgaben zugeteilt waren. Das von BND-Zeug_innen beschworene Vier-Augen-Prinzip war
reine Fiktion. Der Zeuge T. B., von 2003 bis 2007 Leiter der JSA, räumte ein, dass die Mitarbeiter_innen der
NSA auch durchaus selbständig und unkontrolliert arbeiteten:
„weil ich bestimmte Aufgaben habe, und wenn er entsprechend ein Update einspielt,
dann muss ich nicht daneben einen Zweiten sitzen haben, der auch schaut: Was läuft
jetzt über den Bildschirm runter?“8168
Zwar seien angeblich alle „Daten-Ausgänge“ des gemeinsamen Sachgebiets JSA zur NSA vom BND kontrolliert worden. Datenabflüsse mittels Speichermedien wie USB-Sticks konnte der ehemalige JSA-Leiter
jedoch nicht ausschließen.8169
Von US-Seite wurden sehr bald Ergebnisse aus der gemeinsamen Kooperation erwartet. Immerhin hatte die
NSA viel Technik bzw. Geld in die Operation EIKONAL gesteckt. Anhand der Unterlagen kommen wir zu
der begründeten Einschätzung, dass es der NSA vor allem, wenn nicht sogar ausschließlich in der Kooperation um die Daten aus dem Kabelabgriff bei der Telekom ging. Die NSA lobte die Operation EIKONAL als
„Kronjuwel der strategischen Kooperation“ mit dem BND.8170 Der Betrieb der Satellitenerfassungsstelle in
Bad Aibling war nur ein willkommener Beifang und diente gleichzeitig dem Verdecken des Kabelabgriffs.
Entsprechend hoch war der Druck auf den BND, trotz schlecht funktionierender „G 10-Filter“ Daten aus
Frankfurt zu liefern.

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W. K., Protokoll-Nr. 48 I, S. 96 f.; zu Details des Kontrollsystems hat sich W. K. nur in eingestufter Sitzung geäußert, Protokoll-Nr.
35 II (Tgb.-Nr. 180/15 – GEHEIM), S. 59-64; an Ergebnisse des Kontrollsystems konnte sich der Zeuge W. K. nicht mehr erinnern,
Protokoll-Nr. 35 II – Auszug offen, S. 62 f.
Siehe hierzu unter Kapitel V.8. – Verstöße bei der Verwendung von NSA-Selektoren.
Siehe hierzu den Vorhalt des Abgeordneten Konstantin von Notz, Protokoll-Nr. 39 II – Auszug offen, S. 54.
T. B., Protokoll-Nr. 20 I, S. 39.
T. B., Protokoll-Nr. 20 I, S. 39.
Zitiert nach Süddeutsche Zeitung vom 4. Oktober 2014, „Codewort Eikonal“ „, http://www.sueddeutsche.de/politik/geheimdienstecodewort-eikonal-der-albtraum-der-bundesregierung-1.2157432..

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