Drucksache 18/12850

– 1508 –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Es ist festzuhalten, dass die für das Erfassungssystem durch den Zeugen Golke im Auftrag des BSI erteilte
Zertifizierung fehlerhaft und rechtswidrig war. Sie ermöglichte dem BND unter Verletzung der gesetzlichen
Vorschriften einen „full take“ der erfassten Übertragungsleitungen und eine unkontrollierte Verarbeitung
angeblich ungeschützter reiner Auslandsverkehre. Dass es dabei zu Eingriffen in auch nach Auffassung des
BND geschützte Telekommunikationsverkehre gekommen ist, muss angesichts der Fehlerhaftigkeit der Zuordnung bspw. anhand von IP-Adressen8157 vorausgesetzt werden.
Ob, wie vom BND-Zeugen A. S. behauptet, vom BSI neben dem „Separator“ tatsächlich das „Verarbeitungssystem“ (welche Systeme dies auch umfassen mag) und der „DAFIS-Filter“ hinreichend geprüft wurden,8158
muss bezweifelt werden. Aus dem BSI-Prüfbericht vom 13. Oktober 2015 geht dies jedenfalls nicht hervor.
6.

EIKONAL: Der Tausch „Technik gegen Daten“

Die Befassung mit der Operation EIKONAL hat gezeigt, dass der BND niemals eine derartige Kooperation
mit der NSA hätte eingehen dürfen. Die Zusage gegenüber dem US-Dienst über die Teilhabe an Daten aus
einem Abgriff an Glasfaserkabeln in Deutschland war ein schwerer Fehler und hätte nicht gegeben werden
dürfen. Schon der Ansatz, aber auch die Art und Weise der Kooperation mit einem technisch weit überlegenen Partnerdienst führten zu schwerwiegenden Rechtsverletzungen bis hin zu Grundrechtsverstößen. Bereits
mit Filtersystemen, die selbst aus Sicht des BND nicht zuverlässig funktionierten, hätte die Operation EIKONAL nicht betrieben werden dürfen.
a)

Black Boxes: US-Technik gegen Daten

BND und Kanzleramt betonen bei jeder Gelegenheit, im Geheimdienstgeschäft gehe es immer um ein do ut
des. Bei der Kooperation in Bad Aibling und bei EIKONAL war dies „ein Tauschgeschäft – Technik gegen
Daten.“8159 Um bei der Überwachung des Internetverkehrs mithalten zu können und die dafür notwendige
NSA-Technik zu erhalten, ging der BND mit EIKONAL eine Kooperation ein, die er letztlich nicht mehr
beherrschte und daher abbrechen musste.
Aus der Beweisaufnahme wissen wir: Die technischen Risiken, aber auch die rechtlichen und politischen
Risiken, kannte der BND von Anfang an genau. An eine tatsächliche volle Kontrolle durch den BND glaubte
zu Beginn der Kooperation nicht einmal der deutsche Dienst selbst. Aus den Unterlagen geht hervor, dass er
befürchtete, nicht mehr Herr des Verfahrens zu sein. Vor allem die technische Unterlegenheit des BND war
ein Problem, selbst wenn die NSA zusicherte, sich an deutsches Recht zu halten (was sie letztlich nicht tat,
wie die NSA-Selektoren-Problematik und Spionage-Vorfälle zeigten).
Dabei war der BND durchaus misstrauisch gegenüber der NSA. Der damalige Abteilungsleiter 6, der Zeuge
Breitfelder, sagte dies in seiner Vernehmung sehr offen auf die Frage, ob damals die Befürchtung bestand,
dass sich die NSA ohne Kenntnis des BND Zugang zu Kabeln verschaffen wollte oder könne:

8157)
8158)
8159)

Vgl. Sachverständigengutachten von Kay Rechthien, MAT A SV-13/3, S. 13 f.
Vgl. im Feststellungsteil unter F.IV.3.c) – aaa) Das sogenannte Erfassungs- und Verarbeitungssystem EVN G10 III.
U. a. W. K., Protokoll-Nr. 22 I, S. 25.

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