Drucksache 18/12850

– 1488 –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

StGB)8057 und zugleich eine auch zum Tatzeitpunkt schon strafbare Verletzung des Fernmeldegeheimnisses
(§ 206 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2 und 3 StGB) sowie tateinheitlich der Nebenstraf- und Ordnungswidrigkeitsbestimmungen nach § 44 Abs. 1 i. V. m. § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG erfüllen.8058
Dieses Risiko wurde nach Aussagen des Zeugen S. L. von Betreiberseite explizit angesprochen:
„Wie ich vorhin schon ausführte, hat [geschwärzt], als wir die Transitstrecken Ausland-Ausland hatten, Bedenken gehabt, ob [geschwärzt] sich damit nicht strafbar mache, und wollte bestätigt haben, dass das auf Gesetzesbasis stattfindet. Diese Bestätigung wollte sie von der BND-Leitung oder vom Kanzleramt haben. Weitere Bedenken
wurden mir gegenüber nie geäußert.“8059
Ob sich die mit der Durchführung der Überwachungsmaßnahmen betrauten technischen Mitarbeiter bzw. der
diese in Vollziehung des Vorstandswillens anweisende Beamte der Telekom strafbefreiend darauf berufen
konnten, die Rechtswidrigkeit ihres Handelns nicht erkannt zu haben, kann nach den Ergebnissen der Zeugenbefragung bezweifelt werden. Zwar ist in der Strafrechtslehre und -rechtsprechung im Grundsatz anerkannt, „dass für die Weisung des Vorgesetzten eine auf einer größeren Sachkompetenz gestützte Vermutung
der Rechtmäßigkeit besteht,“8060 weswegen diese vom nachgeordneten Beamten – nach pflichtgemäßer, aber
erfolgloser Remonstration – auch dann umzusetzen sind, wenn dieser sie für falsch oder rechtswidrig hält.
Allerdings ist die Grenze dort überschritten, „wo die Entscheidung des Vorgesetzen in tatsächlicher oder
rechtlicher Hinsicht nicht mehr vertretbar ist“8061 und die Verwirklichung eines Straftatbestandes „klar zutage
liegt“.8062
Demgegenüber ist die Strafbarkeit der Weisungsgeber auch bei straflosem Verhalten der Ausführenden unbestritten.
„Denn die im Innenverhältnis verbindliche Weisung erlaubt nicht die Verletzung strafrechtlich geschützter Rechtsgüter, wenn keine entsprechende Befugnisnorm des öffentlichen Rechts vorliegt. Der Ausschluss der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des
Weisungsempfängers führt dazu, dass der Vorgesetzte, welcher sich nicht mehr auf
eine verbindliche Weisung stützen kann, als mittelbarer Täter für die im Außenverhältnis begangene Tat anzusehen ist.“8063

8057)
8058)
8059)
8060)
8061)
8062)
8063)

Vgl. Kai Cornelius, Strafrechtliche Verantwortlichkeiten bei der Strategischen Telekommunikationsüberwachung, JuristenZeitung
14/2015, S. 693 (695 f.).
Vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2012, 2 StR 591/11, Rn. 22 f. in NJW 2013, S. 401-404
S. L., Protokoll-Nr. 26 II – Auszug offen, S. 6.
Kai Cornelius, Strafrechtliche Verantwortlichkeiten bei der Strategischen Telekommunikationsüberwachung, JuristenZeitung
14/2015, S. 693 (700 f.) m. w. N.
Theodor Lenckner, in: Festschrift für Stree/Wessels, 1993, S. 235.
Andreas Hoyer, Strafrechtliche Verantwortlichkeit innerhalb von Weisungsverhältnissen, 1998, S. 13.
Kai Cornelius, Strafrechtliche Verantwortlichkeiten bei der Strategischen Telekommunikationsüberwachung, JuristenZeitung
14/2015, S. 693 (701).

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