Drucksache 18/12850
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– 1484 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Rechtswidrige Handlungen der Telekom
aaa) Schaltauftrag der ReSA
Auf Grundlage des sogenannten Transitvertrags ging am 9. März 2004 das Überwachungsersuchen über fünf
bis zehn Transitleitungen bei der Frankfurter Regionalstelle für Staatliche Sonderaufgaben (ReSA) ein.8029
Sie erließ im Anschluss konzernintern einen Schaltauftrag an eine technische Dienststelle für die vom BND
angeforderten Strecken.8030
Im Rahmen der üblichen G 10-Maßnahmen werden die Anforderungen der Geheimdienste von den zuständigen Mitarbeiter_innen der Telekom auf den jeweiligen Stufen der Umsetzung auf ihre formelle und materielle Rechtmäßigkeit hin überprüft:
„Wenn wir den nicht veranlassen, dann wird es auch kein Auftrag.“8031
Diese konzerninterne Dekonzentration rechtlicher Sicherungsmaßnahmen versagt jedoch, wenn jenseits des
vorgesehenen G 10-Verfahrens Entscheidungen von oben getroffen und nach unten durchgesetzt werden. Im
Fall EIKONAL sogar in doppelter Hinsicht: Aufgabe der ReSa war grundsätzlich eine formaljuristische
Überprüfung der Überwachungsersuchen und die Auswahl der betreffenden Strecken.
„Das ist unsere Aufgabe: Rechtssicherheit nach innen und außen darstellen. Wir geben so viel raus, wie wir müssen, wie wir rechtlich verpflichtet sind, und […] verhindern, dass mehr rausgeht, als der Staat verlangen darf.“8032
So verstanden sie ihre Anweisung auch im Fall EIKONAL.8033 Eine dementsprechende, formal korrekte Anordnung lag jedoch 2004 nicht vor. In Folge dessen konnte die gesetzlich vorgesehene Aufgabentrennung
zwischen inhaltlicher Ausrichtung der Überwachung durch parlamentarische Gremien und formaler Kontrolle durch die TK-Anbieter in diesem Fall nicht greifen. Die ReSA konnte allerdings keine Einsicht in die
übermittelten Datenströme nehmen. Deren Inhalt blieb ihr unbekannt.8034 Der sich aus der gesetzlichen Verpflichtung zur Übermittlung gemäß § 110 TKG (§ 88 TKG a. F.) spiegelbildlich ergebende Prüfauftrag der
Telekom, sich von der Berechtigung der anordnenden Stellen in jedem Einzelfall zu überzeugen, ist daher
nicht nur auf die Kontrolle formaler Anforderungen beschränkt, sondern umfassend angelegt. Die ReSA
konnte mangels G 10-Anordnung jedoch keine Voraussetzungen prüfen und nahm auch keine Eingrenzung
hinsichtlich der übermittelten Datenströme vor, deren Inhalt ihr unbekannt blieb.8035 Damit fehlte es an jedem
Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Inhalts, der Art und des Ausmaßes der an den BND ausgeleiteten Daten.
Auf eine materielle Legitimation für EIKONAL wurde mit der Umgehung des G 10-Verfahrens offenbar
bewusst verzichtet.
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8035)
Alster, Protokoll-Nr. 30 II – Auszug offen, S. 22.
Helfrich, Protokoll-Nr. 30 I, S. 37.
Alster, Protokoll-Nr. 30 I, S. 88.
Alster, Protokoll-Nr. 30 I, S. 70.
Helfrich, Protokoll-Nr. 30 I, S. 26, 37, 43.
Alster, Protokoll-Nr. 30 I, S. 73.
Alster, Protokoll-Nr. 30 I, S. 73.