Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1481 –

Drucksache 18/12850

„Der Netzbetreiber hatte zunächst Sorge, dass er, wenn er uns das gibt, sich nicht im
Rahmen der Gesetze bewegen würde, und wollte von daher eine Bestätigung, dass
dem so sei. Als er die bekommen hat, hat er uns dann auch die Transitstrecken gegeben.“8013
„Im leitungsvermittelten Bereich haben wir Transitstrecken […] erfasst. Wir konnten
den Netzbetreiber auch nicht aufgrund der G-10-Gesetzgebung sozusagen dazu zwingen, uns diese Strecken zu geben, sondern wir haben vor dem Hintergrund des BNDGesetzes den Betreiber gebeten, uns diese Strecken zu geben.“8014
Die Bestätigung des Bundeskanzleramts war folglich aus seiner Sicht die Grundlage für die Kooperation.8015
Das Schreiben enthielt sogar einen Vorschlag, welcher Sachbereich mit der Umsetzung der Maßnahme betraut werden solle, was Kai-Uwe Ricke als „eher eine Anregung“ verstanden wissen wollte.8016
Bei der Telekom bildete sich die Rechtsauffassung, dem BND bezüglich der Grundrechtsfreiheit von Ausländern im Ausland zu folgen,8017 wiederum in der Konzernspitze. Unterzeichner der Antwort auf den Freibrief war das damalige Vorstandsmitglied von T-Com/T-Systems Josef Brauner.8018 Der damalige Vorstandsvorsitzende, Ricke, gab an, den an ihn gerichteten Brief nie gesehen zu haben.8019
2)

Rechtliche Bewertung

Dieses Schreiben des Bundeskanzleramts ist jedoch nicht nur als Rechtsgrundlage völlig untauglich, es bestehen schon Zweifel, ob diesem überhaupt ein verbindlicher Rechtscharakter beigemessen werden kann.
Inhaltlich gibt es lediglich die Rechtsauffassung des BND wieder, deren Richtigkeit es gegenüber dem Empfänger bestätigt, sowie die Bitte, den Anforderung des BND zu entsprechen. Für eine Anordnung zur strategischen Beschränkung nach § 5 des Artikel 10-Gesetzes fehlte es dem Freibrief nicht nur an der Mitwirkung
des allein anordnungsbefugten Bundesministeriums des Innern (§§ 5 Abs. 1 i. V. m. 10 Abs. 1 Art. 10-Gesetz), der Zustimmung der G 10-Kommission (§ 5 Abs. 1 Artikel 10-Gesetz) sowie der notwendigen inhaltlichen Konkretisierungen (§§ 10 Abs. 2 und 5 Abs. 2 Artikel-10-Gesetz) und Befristung (§ 10 Abs. 5 Artikel10-Gesetz), weswegen eine solche schon formal rechtswidrig wäre, sondern vor allem an einem inhaltlichen
Anordnungswillen. Denn das Schreiben macht nach seinem Aussagegehalt deutlich, dass es die vom BND
begehrte Beschränkungsmaßnahme gerade nicht als eine G 10-Maßnahme verstanden wissen will. Ferner
scheidet eine in der Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes liegende Anordnung nach – damals – § 8 Abs. 3a
BNDG a. F. aus, da es nicht nur um Auskünfte über Bestands- und Telekommunikationsverbindungsdaten

8013)
8014)
8015)
8016)
8017)
8018)
8019)

S. L., Protokoll-Nr. 26 I, S. 24.
S. L., Protokoll-Nr. 26 I, S. 24.
S. L., Protokoll-Nr. 26 I, S. 24.
Ricke, Protokoll-Nr. 26 I, S. 113.
Vgl. Alster, Protokoll-Nr. 30 II – Auszug offen, S. 59: „Wir können es auf Vertragsbasis machen oder G 10, was anderes gibt es
nicht. Und in der Prüfung des Vertrags liegt natürlich auch drin, dass die Ende-zu-Ende-Verbindung aus Sicht des Vertragsgebers
nicht dem G 10 unterliegt.“
Vgl. Ricke; Protokoll-Nr. 26 I, S. 101; Dr. Köbele, Protokoll-Nr. 33 I, S. 135: „Und dann sind die auch nicht bei mir aufgeschlagen,
sondern sie sind beim Vorstand der Deutschen Telekom aufgeschlagen und noch beim Vorstand der T-Com, und der Vorstand der
T-Com und der Vorstand der Deutschen Telekom – der von der T-Com definitiv –, die haben sich davon überzeugen lassen.“
Ricke, Protokoll-Nr. 26 I, S. 94.

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