Drucksache 18/12850
– 1476 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
ohne Anordnung auf der Grundlage des BNDG erfolgen sollten, geriet auch die Telekom-interne Kontrolle
auf Abwege.
bb)
Abwegige Rechtskonstruktionen für EIKONAL
aaa) Die Verwaltungshelferthese
Für eine Ausleitung der Daten an den BND jenseits der Voraussetzungen und außerhalb des Verfahrens einer
G 10-Maßnahme wurde von der Telekom u. a. die rechtliche Konstruktion des Verwaltungshelfers bemüht,
welche die Verantwortlichkeit für das eigene Handeln in Abrede stellt und ausschließlich in die Verantwortungssphäre des BND delegiert. Allerdings verbietet es sowohl die vertraglich versprochene wie gesetzlich
angeordnete Schutzverantwortung der Telekom gegenüber den Kund_innen und Kommunikationsteilnehmer_innen zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses, sich ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zum Vollzugsgehilfen des BND zu machen und damit die von ihr vorgenommene Ausleitung der
Daten dem Verantwortungsbereich des BND zuzurechnen. Sie trägt vielmehr eine eigene Verantwortung, die
in § 88 TKG (damals § 85 TKG a. F.) gesetzlich klar bestimmt ist. Dass es – auch außerhalb des TKG – bei
der Übermittlung von in eigener Verantwortung verarbeiteten Daten schlichtweg abwegig ist, eine eigene
Verantwortlichkeit für den Schutz dieser Daten und eine daraus folgende Prüfungspflicht für das Vorliegen
der Übermittlungsvoraussetzungen abzulehnen, kommt auch in den allgemein datenschutzrechtlichen Bestimmungen des § 15 Abs. 2 BDSG zum Ausdruck.7989 Dieser statuiert als korrespondierende Verantwortlichkeiten der am Übermittlungsvorgang Beteiligten die Verpflichtung des Absenders zur Prüfung der Übermittlungsvoraussetzungen sowie die Verpflichtung des Empfängers zur Überprüfung der Empfangs- und Weiterverarbeitungsvoraussetzungen (sog. Doppeltürenmodell). Die Rechtsfigur des Verwaltungshelfers, die der
Zeuge Köbele heranzog, um eine Verantwortung seitens des Unternehmens in Abrede zu stellen, ist in diesem
Zusammenhang erkennbar irreführend.
1)
TK-Betreiber ist kein Abschleppunternehmen
Der Zeuge Köbele, Mitarbeiter in der Konzernsicherheit der Telekom, berief sich in seiner Aussage vor dem
Untersuchungsausschuss hinsichtlich der Rolle der Telekom bei der Abschöpfung und Ausleitung der Kommunikationsdaten an den BND auf die rechtliche Konstruktion des Verwaltungshelfers. Er verfolgte damit
den Ansatz, der Telekom einen eigenen Entscheidungsrahmen abzusprechen und Verantwortung einseitig
dem BND zuzurechnen.7990 Vor dem Hintergrund des sogenannten Freibriefs des Bundeskanzleramts, mit
dem dieses die Rechtsauffassung des BND stützte, wonach es für den Transitdatenverkehr im AuslandsAuslands-Verhältnis keiner G 10-Anordnung bedürfe, führte er u. a. aus:
7989)
7990)
§ 15 Abs. 2 BDSG, der nur nachrangig zu den Spezialvorschriften des Artikel 10-Gesetz gilt, lautet: „Die Verantwortung für die
Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde Stelle. Erfolgt die Übermittlung auf Ersuchen des Dritten, an den die Daten
übermittelt werden, trägt dieser die Verantwortung. In diesem Fall prüft die übermittelnde Stelle nur, ob das Übermittlungsersuchen
im Rahmen der Aufgaben des Dritten, an den die Daten übermittelt werden, liegt, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung
der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.“
Dr. Köbele, Protokoll-Nr. 33 I, S.134 f., vgl. zur Analogie Köbeles mit Abschleppunternehmen die Ausführungen Hartmut Maurer,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Auflage 2011, § 23 Rn. 59.