Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1475 –

Drucksache 18/12850

Dazu müssen zunächst die Staaten, gegen die sich die Auslandsaufklärung des BND richten darf, vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages (PKGr) festgelegt werden. Auf dieser Grundlage kann
seitens des BND durch dessen Präsidenten oder Stellvertreter über das Bundesministerium des Innern ein
Antrag nach § 5 Artikel 10-Gesetz bei der vom PKGr eingesetzten G 10-Kommission gestellt werden, die
einer entsprechenden Überwachungsmaßnahme vorab zustimmen muss. Der ausführlich zu begründende Antrag enthält eine Liste mit Suchbegriffen von Inhalts- und Metadaten und ist zeitlich zu befristen. Die Anordnung darf sich stets nur auf die Telekommunikation zwischen Deutschland und dem Ausland bzw. dem Ausland und Anschlüssen in Deutschland, aber weder im Ausland noch im Inland gezielt auf konkrete Anschlüsse beziehen, sofern deutsche Staatangehörige davon betroffen werden können (§ 5 Abs. 2 Artikel 10Gesetz, sonst nämlich nur nach § 3 Artikel 10-Gesetz).7983 Dabei ist nach § 10 Abs. 4 Satz 3 Artikel 10-Gesetz sicherzustellen, dass der Anteil der überwachten Kommunikation 20 Prozent der auf den Übertragungswegen zur Verfügung stehenden Leitungskapazität nicht überschreitet, was wegen der geringen Auslastung
auch oft nicht nötig ist, um den gesamten Verkehr zu erfassen.7984 Darüber hinaus bestehen Möglichkeiten
zur strategischen Überwachung nur nach § 8 Artikel 10-Gesetz bei Gefahr für Leib oder Leben einer Person,
was in der Regel bei Entführungsfällen vorkommt.
Die mit Zustimmung der G 10-Kommission und ggf. auch des PKGr erlassene Anordnung wird dann vom
BND dem jeweiligen Betreiber vorgelegt, der bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Übermittlung der gewünschten Informationen und zur Ausleitung der Datenströme verpflichtet ist. Der Zeuge Harald
Helfrich, Mitarbeiter der Telekom im Bereich Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden, hatte vor dem Ausschuss klargemacht, dass die Anordnungen innerhalb der Telekom auf verschiedenen Ebenen geprüft und alle
darauf gestützten Überwachungsmaßnahmen genau protokolliert würden:
„Die Anordnungen gehen beim Sicherheitsbeauftragten ein. Dann wird sie geprüft,
und dann kriegen wir den dementsprechenden Auszug zur Verwahrung.“7985
Dabei sei hinsichtlich des Verfahrens der internen Prüfung nach einheitlichen Kriterien für alle Sicherheitsbehörden vorgegangen worden und hätte es nach den Erfahrungen des Zeugen Alster seit den 1980er Jahren
keine Privilegien für BND gegeben.7986 Auch seien alle Überwachungsmaßnahmen stets auf Anordnungen
nach dem Artikel 10-Gesetz erfolgt:7987
„Wir sind nur verpflichtet, das zu duplizieren, wenn eine Anordnung vorliegt.“7988
Als der BND im Sommer 2003 signalisierte, dass ihm die aus den G 10-Maßnahmen erhobenen Datenausleitungen nicht genügten und jenseits des G 10-Anordnungsregimes Komplettduplikate der Datenströme für
Transitverkehre, also Durchleitungen von TK-Verbindungen, deren Teilnehmer_innen weder deutsche
Staatsbürger_innen sind noch über Anschlüsse in Deutschland verfügen (sog. Ausland-Ausland-Verkehr),

7983)
7984)
7985)
7986)
7987)
7988)

Vgl. Bertold Huber, Die strategische Rasterfahndung des Bundesnachrichtendienstes, Eingriffsbefugnisse und Regelungsdefizite,
NJW 2013, S. 2572 ff.; ders., Die Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes, Rechtsgrundlagen und bestehende Regelungsdefizite, vorgänge #206/207 (2014), S. 42 ff.
Vgl. Bäcker, MAT A SV-2/3, S. 11 f.
Helfrich, Protokoll-Nr. 30 I, S. 40.
Alster, Protokoll-Nr. 30 I, S. 71.
Alster, Protokoll-Nr. 30 I, S. 77.
Alster, Protokoll-Nr. 30 I, S. 69.

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