Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„§ 1 Abs. 2 S. 1 BNDG erlaubt nicht den Schluss, dass eine Erhebung oder Auswertung durch den BND mit Hilfe von Einrichtungen, die nicht im deutschen Hoheitsgebiet gelegen sind, keinen rechtlichen Restriktionen nach deutschem Recht unterliegen.
Dies wäre mit Art. 10 GG nicht vereinbar.“7956
Auch § 2 BNDG ist als allgemeine Befugnisnorm angesichts der Eingriffsintensität zu pauschal gefasst, als
dass sie selbstständig eine strategische Auslandsaufklärung rechtfertigen könnte.7957 Die Norm wird den Anforderungen, die an Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses zu stellen sind nicht gerecht. Johannes Caspar, Landesdatenschutzbeauftragter in Hamburg, fasst das treffend wie folgt zusammen:
„Allein der allgemeine Hinweis auf Vorgänge im Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, kann eine umfassende massenhafte Speicherung und Auswertung von Kommunikationsverbindungen ins Blaue hinein nicht rechtfertigen.“7958
Es bleibt festzustellen, dass auch die eingangs zitierte, für den BND insgesamt repräsentative Auffassung,
wonach Überwachungsmaßnahmen, wenn sie nur im Ausland stattfinden, keine „Genehmigung“ bedürfen,
jeder verfassungsrechtlichen Grundlage entbehren.
c)

Datenausleitung durch die Telekom

Auch die Deutsche Telekom AG (Telekom) trifft eine Verantwortung für die Ausleitung der Datenströme an
den BND. Denn sie war hierzu weder verpflichtet noch befugt. Die technische Ermöglichung der Datenweitergabe an den BND war demnach seitens der Telekom rechtswidrig und stellte einen nicht gerechtfertigten
Eingriff in die Grundrechte der Nutzer_innen dar.
Vor dem Ausschuss berief sich Bernd Köbele – als Mitarbeiter der Konzernsicherheit und Unterzeichner des
Transitvertrags – zwar auf den sogenannten Freibrief des Bundeskanzleramtes als Handlungsgrundlage. Er
wähnte die Telekom in der Rolle eines Verwaltungshelfers, der unter alleiniger Verantwortung des BND tätig
geworden sei. Allerdings stellte weder das Schreiben des Kanzleramtes eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für das Abgreifen und Ausleiten der Daten an den BND dar noch kann sich die Telekom durch
eine Berufung auf die Rechtskonstruktion des Verwaltungshelfers ihrer originär gesetzlichen Verantwortung
zum Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses entziehen.
Einen ganz anderen Eindruck von der Prüfungsintensität bei der Telekom in Bezug auf die Übermittlungsbegehren der Nachrichtendienste hatte noch 2009 der ehemalige BND-Präsident Ernst Uhrlau vermittelt, als er
vor dem BND-Untersuchungsausschuss in der 16. Wahlperiode über die Anordnung und Durchführung von
G 10-Maßnahmen berichtete. In seiner Zeugenanhörung am 12. Februar 2009 sagte er aus, dass es auch für

7956)
7957)

7958)

Hoffmann-Riem, MAT A SV-2/1-neu, S. 11, mit weiteren Verweisen.
Vgl. Hans-Jürgen Papier, Beschränkungen der Telekommunikationsfreiheit durch den BND an Datenaustauschpunkten, in: NVwZ
– Extra 15/2016, S. 1 (7); Frank Braun, Die strategische Fernmeldekontrolle durch den Bundesnachrichtendienst, in AnwaltszertifikatOnline IT- und Medienrecht 8/2015, Rn. 3; Berthold Huber, Die strategische Rasterfahndung des Bundesnachrichtendienstes
– Eingriffsbefugnisse und Regelungsdefizite, in: NJW 2013, S. 2572 (2576); auch § 3 BNDG in der Fassung vom 20. Dezember
1990 genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. Huber & Papier ebenda).
Johannes Caspar, Strategische Auslandsüberwachung – Jenseits der Grenze des Rechtsstaats?, in: PinG 2014, H. 1, S. 1 (4 f.).

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