Drucksache 18/12850
– 1464 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
bbb) Informationsvorbereitungseingriff
Auch die Fernmeldeaufklärung als „Informationsvorbereitungseingriff“ stellt einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis dar. A. F. beschrieb den Abgriff der Daten unpassenderweise mit einem Polizeibeamten, der
Streife fährt:
„SIGINT als Streife fahren – vor dem Bundesverwaltungsgericht letztes Jahr fiel dieses Bild, dieser Begriff. Es handelt sich um einen Informationsvorbereitungseingriff.“7919
Das BVerfG nimmt eine grundrechtsrelevante Gefährdung schon dann an, wenn eine Datenerhebung personenbezogene Daten für Behörden verfügbar macht und diese die Basis für einen nachfolgenden Ableich mit
Suchkriterien bildet.7920
„Maßgeblich ist aber insgesamt, ob sich bei einer Gesamtbetrachtung mit Blick auf
den durch den Überwachungs- und Verwendungszweck bestimmten Zusammenhang
das behördliche Interesse an den betroffenen Daten bereits derart verdichtet hat, dass
ein Betroffensein in einer einen Grundrechtseingriff auslösenden Qualität zu bejahen
ist.“7921
Der von A. F. ebenfalls gezogene Vergleich der Selektionspraxis des BND bei der Aufbereitung der durch
den Telekommunikationsabgriff gewonnenen Daten mit dem automatisierten Datenabgleich, den die Polizei
bei der Kfz-Kennzeichenerfassung vornimmt, geht fehl. Der Totalabgriff von Kommunikationsdaten in einem rechtlich vor unberechtigter Kenntnisnahme besonders geschützten Infrastrukturbereich – wie dies bei
der Telekommunikationsüberwachung stattfindet – ist mit der Erfassung eines in der Öffentlichkeit aufgrund
gesetzlicher Anordnung zum Zwecke der Identifikation zur Schau getragenen Pkw-Kennzeichens gerade
nicht vergleichbar.
ccc) Weitere Eingriffe
Weitere Eingriffe stellen nach dem Stufenmodell des Bundesverfassungsgerichts7922 auch der Datenabgriff
mittels Selektion, die Verarbeitung und die Übermittlung der Kommunikationsdaten dar. Gerade auch bei
dem Datenabgriff mittels Selektion handelt es sich um einen qualitativ völlig neuen Eingriff, der sich nicht
in dem Abgleich mit einer bestehenden Datenbank erschöpft und dessen Suchprofile auch nicht unbedingt
auf vorwerfbarem Handeln aufbauen.
7919)
7920)
7921)
7922)
A. F., Protokoll-Nr. 41 I, S.102; vgl. Breitfelder, Protokoll-Nr. 28 I, S. 12; die Figur technisch bedingten Miterfassung, die von den
Zeugen herangezogen wurde, um die Erfassung für rechtlich belanglos zu erklären, greift schon deswegen nicht, da innerdeutsche
Daten schon gar nicht geeignet für eine Maßnahme nach § 5 Artikel 10 Gesetz sind und damit gar keine Basis einer solchen Erfassung darstellen können; vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1999, 1 BvR 2226/14, Rn. 186 f; BVerWG, Urteil vom 28. Mai 2014, A
1.13, Rn. 23.
BVerfGE 100, 313 (366 f., 380), https://www.bverfg.de/e/rs19990714_1bvr222694.html; 115, 320 (343),
https://www.bverfg.de/e/rs20060404_1bvr051802.ht; 120, 378 (398), https://www.bverfg.de/e/rs20080311_1bvr207405.html.
BVerfGE 120, 378-433, https://www.bverfg.de/e/rs20080311_1bvr207405.html, Rn. 65 mit Verweis auf BVerfGE 115, 320 (343),
https://www.bverfg.de/e/rs20060404_1bvr051802.ht.
BVerfGE 100, 313-403, https://www.bverfg.de/e/rs19990714_1bvr222694.html, Rn. 186.