Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Diese Position zu Programmen (extraterritorialer) Massenüberwachung hat der UN-Menschenrechtsausschuss seitdem wiederholt in Staatenberichtsverfahren bekräftigt, u. a. auch gegenüber den drei Five EyesStaaten Kanada, Neuseeland und dem Vereinigten Königreich.7803 In diesem Zusammenhang forderte der
UN-Menschenrechtsausschuss zudem die wirksame Kontrolle des Austauschs von personenbezogenen Informationen („Rohdaten“) zwischen Geheimdiensten, um sicherzustellen, dass daraus keine Menschenrechtsverletzungen resultieren.
Daneben haben in den drei Jahren seit der Sachverständigenanhörung auch verschiedene vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzte Sonderberichterstatter_innen das Thema Massenüberwachung aufgegriffen. So beklagte
etwa Ben Emmerson, Berichterstatter für den Schutz der Menschenrechte in der Terrorismusbekämpfung, im
Februar 2017, dass auch die jüngsten Entscheidungen von EuGH (Urteil in den Fällen Tele2 Sverige AB v.
Post-och telestyrelsen und Secretary of State for the Home Department v. Tom Watson and Others vom
21. Dezember 2016) und EGMR (Urteile im Fall Zakharov v. Russia vom 4.12.2015 und im Fall Szabo and
Vissy v. Hungary vom 12.1.2016) zur gebotenen Verhältnismäßigkeit von Kommunikationsüberwachung
nicht wirklich zu einer Begrenzung von Programmen extraterritorialer Überwachung geführt haben. Mit ausdrücklichem Verweis auch auf das deutsche Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des BND
erinnert er daran, dass die rechtliche Ungleichbehandlung von Ausländer_innen unvereinbar mit dem Nichtdiskriminierungsprinzip ist. Auch wenn er die rechtliche Normierung von bis dato unregulierten Überwachungspraktiken als Fortschritt sieht, sei diese allein nicht hinreichend, um die Vereinbarkeit mit völkerrechtlichen Verpflichtungen zu gewährleisten:
„Necessity, proportionality and non-discrimination must also be taken into account,
along with the establishment of safeguards against arbitrariness, independent oversight
and routes for redress.“7804
Ähnlich bewertete auch Joseph Cannataci, der erste Sonderberichterstatter für das Recht auf Privatsphäre,
die gesetzgeberischen Aktivitäten in verschiedenen Ländern. Bezugnehmend auf die mittlerweile drei Resolutionen der UN-Generalversammlung zum „Recht auf Privatsphäre“, in denen diese die Staaten zur Revision
von Recht und Praktiken der Kommunikationsüberwachung auffordert, konstatiert er:
„The states that reacted, started to work on and pass new laws on the subject that only,
if at all, contain minor improvements in limited areas. In general, these laws have been
drafted and rushed through the legislative process with political majorities to legitimize practices that should never have been implemented.” 7805
Seine Kritik gilt dabei nicht nur dem fehlenden Nachweis der Wirksamkeit und der Unverhältnismäßigkeit
der Maßnahmen, sondern auch einem Ansatz, der – anstatt auf internationale Instrumente der Kriminalitätsund Terrorismusbekämpfung zu setzen – dem Konzept nationalstaatlicher Souveränität verpflichtet sei.
7803)
7804)
7805)
Human Rights Committee 2015a, Rn. 10; Human Rights Committee 2015b, Rn. 24; Human Rights Committee 2016 b, Rn. 15-16;
vgl. auch Human Rights Committee 2016a, Rn. 36-37.
Human Rights Council 2017a, Rn. 36.
Human Rights Council 2017b, Rn. 13.