Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Erst zwei Tage vorher hatte die SPD Sarah Harrison den Internationalen Willy-Brandt-Preis verliehen:
„Sie hat mit ihrem Engagement für WikiLeaks und speziell durch ihre journalistische
Begleitung von Edward Snowden großen politischen Mut bewiesen. Ihr Wirken steht
exemplarisch für das Streben nach Transparenz und den Einsatz gegen ausufernde
Überwachung.“7759
In der folgenden Beratungssitzung am 5. November 2015 lehnte die Mehrheit dann auch den zweiten Teil
des Antrags der Opposition ab7760, nur um sodann einen eigenen Antrag auf Vernehmung Edward Snowdens
in Moskau zu beschließen, die per Video-Übertragung vorgenommen werden sollte, wobei ihr bekannt war,
dass Snowden dies bereits abgelehnt hatte Der Antrag endet mit den Worten:
„Dem Zeugen wird zudem mitgeteilt, dass er auf seinen Wunsch hin an diesem oder
einem anderen Termin alternativ auch nicht förmlich als sonstige Auskunftsperson
oder als Sachverständiger an seinem gegenwärtigen Aufenthaltsort oder andernorts
außerhalb Deutschlands gehört werden könnte.“ 7761.
Dies mutete auch deswegen zynisch an, weil das Europäische Parlament seine Mitgliedsstaaten genau eine
Woche zuvor aufgerufen hatte,
„etwaige Strafanzeigen gegen Edward Snowden fallenzulassen, ihm in Anerkennung
seines Status als Informant und international tätiger Menschenrechtsverfechter Schutz
zu gewähren und folglich seine Ausweisung und Auslieferung durch Dritte zu verhindern“7762
b)

Verschleppung durch vage Antworten der BReg an UA und Untätigkeit bei der Prüfung der Strafvorwürfe gegen Snowden insb. im BMJV

Eine besonders unrühmliche Rolle bei der Verhinderung der Aussage von Edward Snowden spielte das Bundesjustizministerium (BMJV).
Zwischen November 2014 und Februar 2017 wurde das BMJV vom gesamten Ausschuss oder einzelnen
Abgeordneten in regelmäßigen Abständen gefragt, ob der Bundesregierung inzwischen bekannt sei, was
Snowden in den USA vorgeworfen werde und ob die Bundesregierung also entschieden habe, ob ihm in der
Konsequenz in Deutschland Auslieferungsschutz wegen politischer Verfolgung in den USA gewährt werden
würde.
Die Beratungen der einzelnen Fragen dauerten jeweils Monate. So wurde der Vertreter des BMJV etwa im
November 2015 gefragt, ob es zum Auslieferungsschutz eine Entscheidung gebe, eine Woche später wurde

7759)

7760)
7761)
7762)

Pressemitteilung der SPD „Verleihung des 4. Internationalen Willy-Brandt-Preises an die ungarische Philosophin Àgnes Heller und
die britische Journalistin Sarah Harrison“ vom 13. Oktober 2015, abrufbar unter https://www.spd.de/presse/pressemitteilungen/detail/news/verleihung-des-4-internationalen-willy-brandt-preises-an-die-ungarische-philosophin-agnes-heller-und-die-britischejournalistin-sarah-harrison/13/10/2015/.
Beratungsprotokoll-Nr. 68, S. 6.
Ausschussdrucksache 435.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 29. Oktober 2015 zur Weiterbehandlung der Entschließung des Europäischen
Parlaments vom 12. März 2014 zur elektronischen Massenüberwachung der Unionsbürger (2015/2635(RSP)).

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