Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
„Ich werde meine Aufgabe loyal gegenüber dem Auftraggeber erfüllen. Das ist in diesem Fall die Bundesregierung.“7745
Einen Tag später beschloss die Ausschussmehrheit seine Einsetzung.7746
Für die Opposition war und ist dieses Verfahren nicht akzeptabel. Es umgeht die Regeln des PUAG gleich
mehrfach: Dr. Kurt Graulich wurde bereits im Beweisbeschluss zum ‚Sachverständigen‘ erklärt, mit dem
später eine Anhörung stattfinden sollte. Ein Sachverständiger war und ist Dr. Kurt Graulich aber genau nicht,
genausowenig wie ein im Untersuchungsausschuss sonst üblicher Sonderermittler. In beiden Fällen ersetzt
er nicht die Einsicht in die Beweismittel. Im konkreten Fall der NSA-Selektoren ging es aber genau darum:
die Beweiserhebung durch den Ausschuss durch ein frei erfundenes Verfahren zu ersetzen, das dem PUAG
nicht genügt, und das im Übrigen auch weder im Recht des Parlamentarischen Kontrollgremiums noch in der
Geschäftsordnung des Bundestages zu finden ist.
Die Bundesregierung hat hier mit Unterstützung der Mehrheit im Ausschuss die Kontrolle des Parlaments
außer Kraft gesetzt.
Dies zeigte sich im Besonderen durch die spezifischen Umstände der Untersuchung der NSA-Selektoren
durch die „Vertrauensperson der Bundesregierung“:
Dr. Kurt Graulich arbeitete in den Räumen des BND in der Chausseestraße, wurde dort von BND-Mitarbeiter_innen – und nur solchen – unterstützt und verfasste schließlich ein Gutachten, dass in Teilen vom BND
abgeschrieben war.
„Der Sondergutachter der Bundesregierung für die NSA-Selektoren, Kurt Graulich,
hat im NSA-Untersuchungsausschuss zunächst bestätigt, Teile seiner rechtlichen Einschätzung für seinen Abschlussbericht aus Schriftstücken des Bundesnachrichtendienstes übernommen zu haben. „Ich habe die schriftliche Version eines Textes vertreten,
die ganz gut zusammenschrieb, was für den Zweck hier taugt“, sagte er.“7747
Im Übrigen ist ein „Konsultationsverfahren“ nicht gleich zu setzen mit der Einräu-mung eines Vetos. Konsultieren bedeutet lediglich, der anderen Seite die Möglichkeit einzuräumen, zur möglichen Weitergabe der
Unterlagen Stellung zu nehmen. Selbst wenn der Konsultierte dagegen ausspricht, trifft die Entscheidung die
konsultierende Seite, also hier die Bundesregierung. Wie sich die USA im Konsultationverfahren tatsächlich
geäußert hatten, ob und wie strikt sie gegen eine Weitergabe waren, ist nicht bekannt.
Ob die USA tatsächlich gefordert haben, dass die NSA-Selektoren dem Untersuchungsausschuss des deutschen Parlaments nicht vorgelegt werden dürften, ist letztlich nicht geklärt. Jedenfalls ist kaum vorstellbar,
dass in den USA einem Ausschuss des US-Kongress solche Unterlagen verweigert worden wären. Laut einem Bericht von ZEIT ONLINE zumindest habe das Weiße Haus
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Spiegel Online vom 1. Juli 2015 „Designierter NSA-Sonderermittler. Ein Mann, 40.000 brisante Daten“, abrufbar unter
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nsa-sonderermittler-kurt-graulich-ein-mann-40-000-datensaetze-a-1040661.html.
Beratungsprotokoll-Nr. 56, S. 6 und Ausschussdrucksache 385
Süddeutsche Zeitung Online vom 5. November 2015, „Sonderermittler Graulich bestreitet Einflussnahme durch BND“ , abrufbar
unter http://www.sueddeutsche.de/politik/nsa-ausschuss-sonderermittler-graulich-bestreitet-einflussnahme-durch-bnd-1.2724470.