Drucksache 18/12850
– 1414 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
weiterhin über die Einstufungspraxis entscheidet: In diesem Fall also das Kanzleramt für den BND. Damit
waren der BfDI die Hände gebunden.7722
Dies setzte sich fort beim Versuch, die Stellungnahme des BND und des Kanzleramts zur BfDI-Bewertung
beizuziehen. Die Mehrheit vertagte den entsprechenden Beweisantrag der Opposition7723 vor der Sommerpause 2016 auf die Sitzung nach der Sommerpause, die Stellungnahme des Kanzleramts erreicht den Ausschuss – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und nur zur Einsicht in der Geheimschutzstelle des Bundestages – Ende September 20167724, die Reaktion der BfDI darauf Ende Oktober7725.
Das Blog netzpolitik.org hatte die Bewertung unterdessen im September 2016 vollständig veröffentlicht.7726
In der Gesamtbetrachtung drängt sich die Vermutung auf, der Umgang mit dem Bericht der BfDI könnte vor
allem das Ziel verfolgt haben, durch Verzögerung, Einstufungen und Schwärzungen eine der Bundesregierung unangenehme Bewertung der Praxis des BND der parlamentarischen Kontrolle durch den Untersuchungsausschuss und darüber hinaus der Öffentlichkeit möglichst zu entziehen.
bb)
Einstufungen von Ausschuss-Sitzungen
Die inflationäre Einstufung von Ausschusssitzungen als geheim und auch streng geheim ist zu kritisieren.
Gerade die später teilweise auf ‚offen‘ herabgestuften Protokolle belegen, dass Vieles, was in eingestuften
Sitzungen zur Sprache kam, mit den Zeug_innen auch in öffentlichen Vernehmungen hätte besprochen werden können und müssen.
Es hat sich gezeigt, dass Zeug_innen häufig in eingestuften, nicht-öffentlichen Sitzungen ein völlig anderes
Aussageverhalten an den Tag gelegt haben. Nachdem sich dieses Muster wiederholte, hätte die Bundesregierung in der Beratung der Zeug_innen darauf dringen können, auch öffentlich mehr zu berichten.
cc)
Aussagegenehmigungen
Zeug_innen, die zugleich Amtsträger_innen sind (also bspw. Mitarbeiter_innen der Nachrichtendienste oder
Ministerien), müssen bei einer Vernehmung durch den Untersuchungsausschuss ihre dienstliche Verschwiegenheitsverpflichtung beachten. Deshalb ist die Bundesregierung zur Erteilung der erforderlichen Aussagegenehmigung verpflichtet (§ 23 Abs. 2 Untersuchungsausschussgesetz – PUAG). Die seitens der Bundesregierung erteilten Aussagegenehmigungen waren allerdings unter verschiedenen Gesichtspunkten fehlerhaft
oder mindestens kritikwürdig.
So hat die Bundesregierung in einigen Fällen bereits von sich aus festgelegt, dass Zeugen ausschließlich in
nichtöffentlicher Sitzung vernommen würden. § 14 PUAG legt aber fest, dass, falls erforderlich, der Ausschuss diese Entscheidung trifft und der (oder die) Vorsitzende dies in öffentlicher Sitzung begründet, denn
grundsätzlich gilt „Die Beweiserhebung erfolgt in öffentlicher Sitzung“ (§13 (1) PUAG).
7722)
7723)
7724)
7725)
7726)
Beratungsprotokoll-Nr. 95, S. 5.
Beratungsprotokoll-Nr. 105, S. 6 ff.
Stellungnahme des Kanzleramts zum BfDI-Prüfbericht, (Tgb-Nr. 281/16 – GEHEIM).
Erwiderung der BfDI auf die Stellungnahme des Bundeskanzleramts zur Rechtsbewertung der BfDI am 12. Oktober 2016, MAT A
BfDI-8/7 (Tgb.-Nr. 285/16 – GEHEIM).
https://netzpolitik.org/2016/geheimer-pruefbericht-der-bnd-bricht-dutzendfach-gesetz-und-verfassung-allein-in-bad-aibling/.