Drucksache 18/12850
III.
– 1402 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bewertungen und Anmerkungen zum Verfahren
Vor der Bewertung der Ergebnisse im Detail ist es notwendig, auf die Rahmenbedingungen der Arbeit des
NSA-Untersuchungsausschusses einzugehen.
Die Ausschussmehrheit zeichnet in ihrem Bericht das Bild einer mit dem Ausschuss beinahe vorbildlich
kooperierenden Bundesregierung und einer deshalb angemessenen Aufklärungsarbeit des Ausschusses. So
liegt es jedoch nicht. Vielmehr hat die Bundesregierung in Kooperation mit einer überdeutlich als „Schutztruppe der Regierung“7678 agierenden Ausschussmehrheit die Aufklärungsarbeit des Ausschusses in unerträglicher Weise und über das „normale“ Maß hinausgehend erschwert und behindert.
Die Arbeit des Untersuchungsausschusses war in den vergangenen drei Jahren beständig den Versuchen der
Bundesregierung ausgesetzt, die Aufklärung faktisch zu behindern. Unterstützt wurde sie dabei von den Vertreter_innen der Großen Koalition im Ausschuss, die der Presse gegenüber ihr Aufklärungsinteresse zwar
regelmäßig betont haben, de facto hinter verschlossenen Türen aber das Gegenteil getan haben. Die Auseinandersetzung um die – letztlich von CDU/CSU und SPD verhinderte – Ladung von Edward Snowden als
Zeuge in den durch ihn erst ermöglichten Ausschuss ist hierfür das beste Beispiel.
Auch unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten ist dabei besonders beunruhigend, dass die Gegenseite noch
nicht einmal davor zurückschreckte, den Zeugen auf eine Weise zu diskreditieren, die sich in der Nähe eines
strafbaren Handelns bewegte. So stellten sowohl der Ausschussvorsitzende Sensburg als auch der Präsident
des Bundesverfassungsschutzes Maaßen die Behauptung in den Raum, Herr Snowden sei Agent der Russen;
eine Tatsachenbehauptung für die der Nachweis, dass diese Tatsache „erweislich wahr“ (§ 186 StGB) ist,
selbstverständlich nicht zu führen war und ist, wie auch die Ausschussmehrheit zugibt.
Wenn es nicht gelungen ist, die Aktivitäten der Geheimdienste der Five Eyes in Deutschland zu beleuchten,
dann liegt dies zum einen an der Verweigerung der Regierungen der beteiligten Staaten USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland, und zum anderen an der Bundesregierung, die sich unter Missachtung der Grundprinzipien parlamentarischer Kontrolle weigerte, dem Bundestag relevante Dokumente zu
übergeben und Aussagegenehmigungen im gebotenen Umfang zu erteilen.
Ganz besonders schmerzlich war, dass der Ausschuss keinen Zugang zu den von den deutschen Geheimdiensten eingesetzten Selektoren der NSA erhielt. Die Arbeit deutscher Geheimdienste konnte daher in diesem
Bereich allenfalls eingeschränkt aufgeklärt werden.
In nie gekanntem Umfang wurden Akten geschwärzt, dem Ausschuss vorenthalten, fehlerhaft als geheimhaltungsbedürftig eingestuft und im Übrigen der Zugang zu Akten dadurch erschwert, dass den Abgeordneten
der Zugriff nur außerhalb des Bundestages gestattet wurde. Diese Vorgänge waren dabei so zahlreich, dass
von vorneherein – auch angesichts begrenzter Ressourcen der Oppositionsfraktionen – ausgeschlossen war,
über jeden dieser Vorgänge eine Einzeldiskussion mit der Gegenseite zu führen. Die Politik der Gegenseite
war hier darauf angelegt, die Arbeit der Oppositionsfraktionen im Ausschuss auch durch die reine Masse der
Streitfragen zu erschweren.
7678)
Brocker: Die „Splitterenquete“: Rechte der nicht qualifizierten („einfachen“) Minderheit im parlamentarischen Untersuchungsverfahren, DÖV 2014, S. 475