Drucksache 18/12850

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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

in Deutschland. Die Akzeptanz staatlicher Überwachungsmaßnahmen sei in Großbritannien höher. Manche
Bürger wünschten sich angesichts der akuten Bedrohung durch islamistischen Terrorismus sogar weitreichendere Kompetenzen.
Besonders kritisch wurde in britischen Fachkreisen die Überwachung von Journalisten, Rechtsanwälten und
Nichtregierungsorganisationen diskutiert. Ähnlich wie in den USA spielten Menschenrechtsorganisationen
wie Liberty oder Amnesty International dabei eine führende Rolle, deren Sachverständige der Ausschuss zu
seinen Anhörungen eingeladen hatte.
Jahrzehntelang hatte die Regierung dem Gutachten des Sachverständigen Ben Hayes zufolge die Haltung
eingenommen, zu nachrichtendienstlichen Fragen keine Angaben zu machen (neither confirm nor deny). Im
Zuge einer Reihe von Klagen vor dem zuständigen Sondergericht Investigative Powers Tribunal (IPT) war
die Regierung nach den Snowden-Veröffentlichungen jedoch gezwungen, einige nachrichtendienstliche Aktivitäten einzuräumen.
Nachdem die US-Regierung die Existenz des PRISM-Programms bestätigt und das britische Intelligence and
Security Committee sich damit befasst hatte, räumte die damalige Innenministerin im Mai 2014 ein, dass
auch Großbritannien Informationen aus dem Verbund empfangen habe.
Ebenso war die Regierung im Februar 2015 gezwungen, im Zusammenhang mit Berichten über den Abgriff
von Daten bei den Firmen Belgacom und Gemalto die Kapazitäten des GCHQ zum weltweiten Hacken von
Computern einzuräumen. Details gab sie dazu nicht bekannt, ließ aber dazu verlautbaren, dass diese Kapazitäten zu den wichtigsten Instrumenten bei der Überwachung von Verdächtigen gehörten und zugleich strikten
Kontrollmechanismen unterlägen.
Mit Blick auf die Arrangements zum Datenaustausch mit Partnern wie der NSA räumte sie im Dezember 2014 ein, dass es britischen Diensten möglich wäre, große Mengen von Rohdaten (Metadaten und Inhalte)
von Partnern zu empfangen, wenn es ihnen „technisch nicht möglich sei“ diese selbst zu beschaffen. Dieses
„ausländische“ Material könne zwei Jahre auf einer Datenbank durchsucht werden und unterläge dabei nicht
den Restriktionen des damals geltenden RIPA 2000.
Als Reaktion auf die massive Kritik und eine Reihe von Gerichtsentscheidungen, welche die Rechtmäßigkeit
der Überwachungspraktiken in Zweifel zogen, entschloss sich die Regierung, einige grundlegende Reformen
in die Wege zu leiten. Zum einen richtete sie zusätzliche Aufsichtsstrukturen innerhalb der Exekutive ein:
Die Schaffung eines Independent Civil Liberties Oversight Board nach dem Vorbild des PCLOB in den USA
und die Ernennung eines Special Envoy on Intelligence and Law Enforcement Data Sharing, der für die
Verhandlungen mit Kommunikationsanbietern und ausländischen Partner zuständig ist.
Zum anderen leitete sie eine Novelle der britischen Überwachungsgesetze in die Wege. Während die Überwachung durch Nachrichtendienste (und andere Sicherheitsbehörden) bisher in zahlreichen unterschiedlichen
Gesetzen geregelt wurde, hat man diese Regeln nach einjähriger Beratung am 17. November 2016 in einem
neuen Gesetz zusammen geführt, dem Investigative Powers Act (IPA). Seine Verabschiedung war notwendig, da die Vorgängerregelung, der Data Retention and Investigatory Powers Act (DRIPA), der im Juli 2014
nach der Aufhebung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung durch den Europäischen Gerichtshof im

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