Drucksache 18/12850

– 1162 –

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

„Der Straftatbestand des § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VStGB setzt voraus, dass der Täter ein
militärisches Ziel angreifen will und dabei die Tötung und Verletzung von Zivilpersonen oder die Beschädigung von zivilen Objekten in einem zum militärischen Vorteil
unverhältnismäßigen Ausmaß als sicher erwartet. Da im vorliegenden Fall überhaupt
keine konfliktsvölkerrechtlich als Zivilisten zu qualifizierende Personen getötet wurden, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger für die Drohnenoperation einen entsprechenden direkten Vorsatz hatten. Die Zerstörung oder Beschädigung eines Hauses, in dem sich mehrere gegnerische Kämpfer
zum Angriffszeitpunkt aufhalten, steht – ungeachtet der Qualifizierung des Gebäudes
als ziviles oder militärisches Objekt – nicht außer Verhältnis zum militärischen Vorteil
des Ausschaltens dieser gegnerischen Kräfte. Dies gilt im vorliegenden Fall umso
mehr, als der Drohneneinsatz möglicherweise zur Verhinderung des geplanten Selbstmordanschlags unter Einbindung von B. E. führte.“6745
Auch das Vorliegen eines Kriegsverbrechens gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB wurde durch den GBA verneint.6746
Die Norm lautet:
„§ 8 Kriegsverbrechen gegen Personen
(1) Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt
1. eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person tötet, […]
wird in den Fällen der Nummer 1 mit lebenslanger Freiheitsstrafe […] bestraft.“
Die getöteten Personen hätten nicht zum Kreis der nach humanitärem Völkerrecht zu schützenden Personen
gehört.6747
Eine Strafbarkeit nach dem anwendbaren6748 allgemeinen Strafrecht sei ebenfalls nicht gegeben, weil der
Drohnenangriff nach Konfliktsvölkerrecht zulässig und daher strafrechtlich gerechtfertigt gewesen sei.6749
Im Hinblick auf belastbare Erkenntnisse zur Tötung Samir Hattours durch einen Drohnenangriff am 9. März
2012 in Süd-Waziristan legte der Generalbundesanwalt am 28. April 2012 einen Beobachtungs- und Prüfvorgang an.6750 Am 8. November 2012 leitete er sodann ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt zum
Aktenzeichen 3 BJs 15/12-4 ein.6751 Zentrale Frage war auch hier die Frage, ob die Tötung Hattours im

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6746)
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6749)
6750)
6751)

Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 23. Juli 2013, MAT A GBA-5c, Bl. 122 (146).
Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 23. Juli 2013, MAT A GBA-5c, Bl. 122 (147).
Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 23. Juli 2013, MAT A GBA-5c, Bl. 122 (147).
Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 23. Juli 2013, MAT A GBA-5c, Bl. 122 (148).
Einstellungsverfügung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof vom 23. Juli 2013, MAT A GBA-5c, Bl. 122 (147).
Ministervorlage des BMJV vom 22. April 2013 zu Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, MAT A BMJV-3/1e, Bl. 31 (33).
Ministervorlage des BMJV vom 22. April 2013 zu Ermittlungen der Bundesanwaltschaft, MAT A BMJV-3/1e, Bl. 31 (33).

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