Drucksache 18/12850
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Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Isselburg in einer als GEHEIM eingestuften Vernehmung mitgeteilt.6681 Der Umstand, dass die Befragung
einen Tag vor dem Drohnenangriff am 4. Oktober 2010 erfolgt sei, zeige allerdings bereits, dass beides nichts
miteinander zu tun habe.6682 Auch der Zeuge Fromm hat bestätigt, dass es Anfang Oktober 2010 eine Befragung durch das BfV in Bagram gegeben habe.6683 Er habe aber keinerlei Erkenntnisse dazu, dass im Rahmen
dieser Befragung erhobene Daten weitergegeben und für den US-Kampfdrohneneinsatz, bei dem Erdogan
und Dashti Sineh Sar starben, genutzt wurden.6684 Einen Zusammenhang zwischen der Befragung und dem
Drohneneinsatz habe er nicht gesehen.6685
Mit Verfügung vom 24. Januar 2011 zum Aktenzeichen 3 ARP 12/11-4 lehnte der GBA die Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens gegen den damaligen Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA) Jörg Ziercke wegen angeblicher Beteiligung an der Tötung eines deutschen Staatsbürgers durch einen US-Kampfdrohneneinsatz und die Übernahme des entsprechenden Verfahrens von der Staatsanwaltschaft Wiesbaden, bei der
die Strafanzeige ursprünglich erstattet worden war, ab.6686 Hintergrund war eine Strafanzeige des Richters
am Oberlandesgericht Thomas Schulte-Kellinghaus vom 5. Dezember 2010, in der dieser Bezug nahm auf
Medienberichte über einen US-amerikanischen Kampfdrohnenangriff vom 4. Oktober 2010, bei dem auch
deutsche Staatsangehörige zu Tode gekommen seien.6687 Er halte es für möglich, dass durch das BKA oder
andere Sicherheitsbehörden des Bundes Informationen zu diesen Personen an US-amerikanische Sicherheitsbehörden weitergegeben und die Nutzung dieser Daten für eine gezielte Tötung zumindest billigend in Kauf
genommen worden seien.6688 Der GBA ließ die Fragen, ob und ggf. wie viele deutsche Staatsangehörige
tatsächlich am 4. Oktober 2010 im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet ums Leben gekommen seien und
ob in diesem Gebiet ein bewaffneter Konflikt im Sinne des Völkerrechts vorliege, offen6689 und begründete
die Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens im Wesentlichen wie folgt:
„Es ist schon fraglich, ob die Mitteilung an eine ausländische Dienststelle, beispielsweise an Dienststellen der Vereinigten Staaten von Amerika, eine als „Gefährder" eingestufte Person habe die Bundesrepublik Deutschland verlassen und beabsichtige in
ein Land des Mittleren Ostens, etwa Pakistan zu reisen, die Tat eines Anderen überhaupt fördern oder erleichtern kann […]. Das bei der Ausreise aus Deutschland ins
Auge gefasste Reiseziel einer Person besagt wenig darüber, wo sich diese Person
schließlich tatsächlich dauerhaft aufhalten wird. Selbst eine Reise auf dem Luftweg,
bei der zumindest der Zielflughafen bereits bei Abflug feststeht, gibt keinen belastbaren Hinweis darauf, dass nicht eine Weiterreise in ein Drittland erfolgen wird. Selbst
wenn also eine Ausreise aus Deutschland mit dem Ziel eines in Pakistan liegenden
Flughafens an eine ausländische Dienststelle berichtet worden wäre, ergäbe sich daraus keine belangvolle Förderung einer von dieser Dienststelle beabsichtigten Tötung
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Protokoll-Nr. 100 II – GEHEIM, S. 8.
Isselburg, Protokoll-Nr. 100 II – Auszug offen, S. 8.
Fromm, Protokoll-Nr. 102 I, S. 45 f.
Fromm, Protokoll-Nr. 102 I S. 48.
Fromm, Protokoll-Nr. 102 I S. 55.
Verfügung des GBA vom 24. Januar 2011, 3 ARP 12/11-4, MAT A GBA-5a, Bl. 21 (28 f.).
Strafanzeige gegen Jörg Ziercke vom 5. Dezember 2010, MAT A GBA-5a, Bl. 12.
Strafanzeige gegen Jörg Ziercke vom 5. Dezember 2010, MAT A GBA-5a, Bl. 12 (13).
Verfügung des GBA vom 24. Januar 2011, 3 ARP 12/11-4, MAT A GBA-5a, Bl. 21 (22).