Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

4.

– 1145 –

Drucksache 18/12850

Datenweitergabe durch den Bundesnachrichtendienst

Der Ausschuss hat sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob und inwieweit vom BND erhobene und
im Rahmen von Nachrichtendienstkooperationen an die Vereinigten Staaten weitergegebene Daten für USKampfdrohneneinsätze nutzbar waren.
a)

Allgemeine rechtliche und tatsächliche Rahmenbedingungen der Weitergabe von Daten durch den BND an ausländische Nachrichtendienste (AND)

Die Weitergabe von Daten an ausländische Nachrichtendienste durch den BND war gesetzlich durch § 9
Abs. 2 BNDG in der im Untersuchungszeitraum geltenden Fassung in Verbindung mit § 19 Abs. 3
BVerfSchG geregelt. Eine nähere Ausgestaltung dieser Regelung mit Hinweisen für den Anwender enthielt
die Dienstvorschrift zur Übermittlung von Informationen durch den Bundesnachrichtendienst (DV Übermittlung) des BND in der jeweils gültigen Fassung [siehe zu beidem näher unter D.II.1.a)bb)]. Gemäß Ziffer
3.2.2. dieser Dienstvorschrift hat die Übermittlung personenbezogener Daten zu unterbleiben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen des von der Übermittlung
Betroffenen der Übermittlung entgegenstehen. Nach einer Bewertung des Justiziariats der Abteilung Technische Aufklärung (TA) im BND seien in der entsprechend vorzunehmenden Abwägung die Art der Daten,
die Zweckbestimmung sowie alle vorliegenden Erkenntnisse über den Empfängerstaat sowie Gesichtspunkte
der AND-Policy, wie Stellenwert und Qualität der jeweiligen Kooperation, zu bewerten.6578 Weiter heißt es:
„Für die Praxis ist danach wie folgt zu differenzieren: […] Soweit es um FestnahmeOperationen zum Zwecke der polizeiliche[n] Prävention oder der strafrechtlichen Repression geht und das Leben des Betroffenen hierbei nicht bedroht wird, ist eine
zweckgebundene Übermittlung personenbezogener Daten grundsätzlich zulässig. […]
Steht hingegen eine „Kriegshandlung“ oder gar eine gezielte Tötungsabsicht im
Raume, und ist folglich das Leben als höchstes Gut des Betroffenen tatsächlich bedroht, so darf bei diesen Konstellationen kein Datentransfer stattfinden. Diese Maßgabe kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass auf die Rettung anderer Menschenleben verwiesen wird. Denn eine Quantifizierung von Menschenleben kann im
Rahmen des Rechtsstaatsprinzips keinen Bestand haben. […] Ausnahmsweise kann
eine Übermittlung personenbezogener Daten im Rahmen von „Kriegshandlungen“ und
damit eine Verwendung zum Zwecke des Einsatzes tödlicher Gewalt dann stattfinden,
wenn ein gegenwärtiger Angriff stattfindet oder ein Angriff unmittelbar bevorsteht
(Selbstverteidigungssituation).“6579
Der Zeuge Dr. Werner Ader hat im Hinblick auf eine in Rede stehende Weitergabe von zur Zielortung von
Personen geeigneten Daten bekundet, es habe vor seiner Zeit im Rechtsreferat innerhalb des BND eine Diskussion darüber gegeben, inwieweit Daten hätten weitergegeben werden dürfen, die zu einer unmittelbaren

6578)
6579)

Rechtsbewertung des Referats TAG im BND vom 16. Januar 2009, MAT A BND-40a, Bl. 73 (75), (VS-NfD – insoweit offen).
Rechtsbewertung des Referats TAG im BND vom 16. Januar 2009, MAT A BND-40a, Bl. 73 (75), (VS-NfD – insoweit offen).

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