Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– 1103 –
Drucksache 18/12850
Aus diesem Grund sei die Presseerklärung der Bundesregierung vom April 2015 entsprechend ihrem Verständnis „relativ harsch“ formuliert gewesen und ihrer Erinnerung nach auch von der Öffentlichkeit entsprechend eingestuft worden:
„Die weiteren Dinge, die daraus zu schlussfolgern waren, die habe ich nicht durchgesetzt, weil es nicht meine Verantwortlichkeit ist. Das hat der Kanzleramtsminister gemacht, zusammen mit Herrn Fritsche und den betroffenen Mitarbeitern im Bundeskanzleramt in der Abteilung 6, und darauf habe ich mich auch verlassen.“6273
Insbesondere habe sie sich mit den BND-Selektoren im Einzelnen nicht beschäftigt.6274
Darüber hinaus hat die Zeugin Dr. Merkel in diesem Zusammenhang ausgeführt, sich erst nach dem März
2015 und dann später im Oktober 2015 zum ersten Mal überhaupt intensiver mit dem Selektorenbegriff befasst zu haben:
„Mir ist nur gesagt worden, dass es Steuerungen sind, die unter der Rubrik ‚Abhören
von Freunden tut man nicht‘ nicht angemessen sind. Und dann ist eben im Oktober
noch mal klar geworden, dass auch der BND solche eigenen Selektoren steuert. Und
dass das nun völlig abweicht von der Grundthese, die ich vertreten habe und vertrete,
war mir unmittelbar nach der Information klar.“6275
Insbesondere sei auch für sie bei der Durchsicht von sogenannter Finished Intelligence nicht ersichtlich gewesen, welche Art von Selektoren vom BND bei der Erstellung verwendet worden sei. Denn sie habe zwar
die Einschätzungen des BND über bestimmte Sachverhalte gelesen, sich dabei aber nicht mit der Quellenfrage beschäftigt, sondern diese als politische Berichte zur Kenntnis genommen.6276
Und weiter hat sie dazu ausgeführt:
„Ich habe erst schon gesagt, dass ich aus dem Lesen von Berichten des Bundesnachrichtendienstes niemals Ansätze erkannt habe, dass das vielleicht auf unrechtmäßige
Weise oder auf nicht von mir gedeckte Weise - Ausspionieren von Freunden, das
macht man nicht - entstanden wäre. Im Übrigen - sage ich mal von meiner Praxis her
- existiert über befreundete Länder wenig.“6277
Mehrmals betonte die Zeugin Dr. Merkel, dass dem damaligen Kanzleramtsminister Pofalla kein Vorwurf
zu machen sei. Zum einen spreche seine Weisung vom Oktober 2013 dafür, dass dieser sich des Themas
angenommen habe:
„Dass das dann immer noch nicht vollständig befolgt wurde, fällt unter die Presseerklärung: technische und organisatorische Defizite.“6278
6273)
6274)
6275)
6276)
6277)
6278)
Dr. Merkel, Protokoll-Nr. 131 I, S. 17.
Dr. Merkel, Protokoll-Nr. 131 I, S. 19.
Dr. Merkel, Protokoll-Nr. 131 I, S. 39.
Dr. Merkel, Protokoll-Nr. 131 I, S. 24.
Dr. Merkel, Protokoll-Nr. 131 I, S. 120.
Dr. Merkel, Protokoll-Nr. 131 I, S. 28.