Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/12850
Das Konsultationsverfahren fließe auch aus dem Staatswohlgedanken, ohne dass es spezifischer bilateraler
Vereinbarungen bedürfe, die eine Geheimhaltung vorsähen.191
Deutsche Besprechungsvermerke zu Gesprächen mit ausländischen Nachrichtendiensten seien von der Konsultationspflicht eingeschlossen, denn es komme auf die Inhalte der Gespräche an, nicht auf die Natur der
Dokumente, zumal alle fraglichen Dokumente Gegenstand deutscher Akten seien. Eine alleinige Abwägung
über die Herausgabe stehe der Bundesregierung in diesen Fällen nicht zu.192
Die MoU seien völkerrechtlich nicht verbindlich. Allerdings könnten ausländische Regierungen die Geheimhaltung auch auf solche Vereinbarungen erstrecken. Ob das Parlament unter „Regierung“ im US-Verständnis
falle, müssten die Vereinigten Staaten beantworten.193
Hinsichtlich des Umfangs der zu konsultierenden Dokumente sei von mehrseitigen Dokumenten, aber nicht
von einzelnen Dokumenten mit tausenden Seiten auszugehen. Die von Edward J. Snowden veröffentlichten
Dokumente unterlägen nicht dem Konsultationsverfahren, da sie keine Unterlagen der Bundesregierung
seien.194
Im Einzelkonsultationsverfahren sei es nicht statthaft, nach ergebnislosem Ablauf von Fristen Dokumente
freizugeben. Bei längerer Dauer werde die Bundesregierung aber nachfragen.195
Vor Freigabe der Unterlagen an das Parlamentarische Kontrollgremium sei ebenfalls ein Konsultationsverfahren erfolgt. Das Konsultationsverfahren werde bei allen parlamentarischen Gremien und auch bei Verfahren der Justiz in solchen Fällen durchgeführt.196
Das Staatswohl sei von Exekutive und Legislative zu wahren. In seltenen Fällen müssten auch nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Informationen wegen des Staatswohls zurückgehalten werden können. In solchen Fällen müsse die Exekutive die Nichtvorlage in jedem Einzelfall begründen, was
wiederum Konsultationen voraussetze. Die Bundesregierung habe ein Interesse daran, dass die Antworten
möglichst schnell eingingen.197
Die Exekutive könne wirksam völkerrechtliche Verträge abschließen, ohne das Parlament zu beteiligen. Insoweit seien drei Geheimschutzvereinbarungen getroffen worden. Die MoU seien keine völkerrechtlichen
Verträge. Ungeachtet dessen könnten solche Vereinbarungen dem Konsultationsverfahren unterliegen, wenn
das Staatswohl betroffen sei.198
Die Opposition hat unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den Ausführungen von Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche widersprochen. In der Beratungssitzung hat der Abg. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vorgetragen, dass das Parlament und seine Organe danach
nicht als Außenstehende behandelt werden könnten.199 Der Abg. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS
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Fritsche, Protokoll-Nr. 12, S. 7.
Fritsche, Protokoll-Nr. 12, S. 7.
Fritsche, Protokoll-Nr. 12, S. 7.
Fritsche, Protokoll-Nr. 12, S. 7.
Fritsche, Protokoll-Nr. 12, S. 7.
Fritsche, Protokoll-Nr. 12, S. 7.
Fritsche, Protokoll-Nr. 12, S. 7.
Fritsche, Protokoll-Nr. 12, S. 7.
Dr. von Notz, Protokoll-Nr. 12 (Wortprotokoll), S. 12 f. unter Zitierung von BVerfG, Urteil vom 17. Juni 2009 – 2 BvE 3/07,
Rn. 130.