Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 805 –

Drucksache 18/12850

Als direkte Konsequenz wurden im Januar 2006 durch den BND die Telekommunikationsmerkmale zu den Firmen EADS und EUROCOPTER, alle 74 Rufnummern, nicht
mehr für die Erfassungssysteme verwendet und damit keine Telekommunikationsverkehre dazu erfasst (daher auch keine Weiterleitung an die US-Seite). Die übergebenen
Telefonie-Selektoren verfügen über Deutungen, d.h. Kommentierungen, die von USSeite mit den Rufnummern übermittelt werden. Diese Kommentierungen sind unterschiedlich, z.B. erläuternde Texte, Codes, Abkürzungen wie CT (counter terrorism).
Daher sind im Rahmen der Prüfung der US-Selektoren Ende 2005 auf Grund der mitgelieferten Deutungen die o.g. Rufnummern auffällig geworden. Der genaue Vorgang
kann aufgrund der nicht vorhandenen Aktenunterlagen nicht rekonstruiert werden.
Festgestellt werden konnte lediglich, dass am 25. Januar 2006 von der Dienststelle
Bad Aibling bestätigt wurde, dass die Selektoren zu den Firmen EADS (52 Rufnummern) bzw. EUROCOPTER (22 Rufnummern) nicht mehr für die Erfassungssteuerung
verwendet wurden.“4215
Der ehemalige BND-Präsident Schindler hat den Selektorenfund Ende 2005/Anfang 2006 als Beginn der
dritten Stufe von DAFIS charakterisiert. Man habe damals angefangen, gefundene kritische Selektoren in
eine zur Aussortierung bestimmte – nach der eigentlichen G 10-Prüfung erfolgende4216 – dritte Filterkaskade
(Verstoß gegen „deutschen Interessen“) aufzunehmen. Es habe sich aber um „eher ein zufälliges Hineinfüttern in diese dritte Stufe“ gehandelt. Ein Verfahren oder eine Dienstanweisung für das „Befüllen“ der dritten
Stufe habe es nicht gegeben.4217
Fortan habe die G 10-Prüfung als weiteres Korrektiv die sogenannten „deutschen Interessen“ enthalten:
„Ich meine bei ‚deutsche Interessen‘ die Stufe 3 bei DAFIS, und die ist, so wie mir
berichtet worden ist, von Beginn an geprüft worden, und zwar deshalb […], weil gleich
relativ am Anfang zwei Unternehmen aufgetaucht sind, nicht deutsche, sondern deutsche Beteiligungen, und daraufhin hat man diese Stufe 3 entwickelt.“4218
aa)

Das Geschehen im Jahr 2006

Der Zeuge W. O. hat vor dem Ausschuss am 20. Mai 2015 bestätigt, dass er der BND-Mitarbeiter gewesen
sei, dem die Selektoren zu EADS und Eurocopter aufgefallen seien. Er habe daraufhin eine E-Mail an einen
Referenten des in der Abteilung 2 (später: TA) für G 10-Fragen zuständigen Sachgebiets 20AD, Herrn
Dr. U. K., geschrieben. Möglicherweise deswegen, weil er sich unsicher gewesen sei, ob die beiden Firmen
„G-10-geschützt waren oder nicht“.4219
Es habe sich um einen Zufallsfund gehandelt, den er an den „G 10-Juristen in der Zentrale“ gemeldet habe.
Zu strukturellen Änderungen habe seine Entdeckung allerdings nicht geführt. Das MoA von 2002 sei ihm im
4215)
4216)
4217)
4218)
4219)

Bericht der sachverständigen Vertrauensperson Dr. Kurt Graulich vom 23. Oktober 2015, MAT A SV-11/2, S. 188.
Schindler, Protokoll-Nr. 50 I, S. 84.
Schindler, Protokoll-Nr. 50 I, S. 83.
Schindler, Protokoll-Nr. 50 I, S. 98.
W. O., Protokoll-Nr. 48 I, S. 21.

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