Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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Drucksache 18/12850
diplomatische Missionen und konsularische Vertretungen sich nur mit „rechtmäßigen Mitteln“ über die Verhältnisse im Empfangsstaat unterrichten dürfen. Da jedoch, wie ausgeführt, der generelle Verdacht besteht,
dass diplomatische Vertretungen für Abhörmaßnahmen genutzt werden, veranlasst das BfV gemäß dem Zeugen Frank Wingerath regelmäßig Aufklärungsflüge mit Hubschraubern um solche Liegenschaften verschiedener Länder an unterschiedlichen Orten herum, insbesondere in Berlin.1525 Diese erfolgen laut seiner Aussage „mindestens seit der Jahrtausendwende“1526 „routinemäßig“1527:
„[…] etwa jährlich, kann man sagen. Nicht jährlich alle und auch mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen. […] Wir beobachten gewisse Länder bzw. deren Spionageaktivitäten gegen Deutschland in besonderer Weise durch eine systematische Bearbeitung, und natürlich befassen wir uns dann auch, was solche technischen Aufklärungsflüge betrifft, mit diesen Ländern auch in besonderer Weise.“1528
Nach Erinnerung des Zeugen Stefan Kaller wurden diese Umflüge sogar schon seit den 1990er Jahren durchgeführt. Er hat in diesem Zusammenhang allgemein ausgeführt:
„[…] Wir müssen leider hinnehmen, dass passiv durchgeführte Überwachungsmaßnahmen technisch nicht nachweisbar sind. Daran ändern auch die seit den 90er-Jahren
stattfindenden regelmäßigen Umflüge in Bezug auf Botschaftsgebäude nichts. Sichtbar werden so zwar die Antennen und Aufbauten auf den Botschaftsdächern, die ein
Abhörrisiko für örtliche Handygespräche wahrscheinlich machen; nur der konkrete
Nachweis des Abhörens kann damit nicht erbracht werden. […]“1529
In einem Bericht des Nachrichtenmagazins Focus vom 4. November 2013 heißt es dazu:
„Schon 2003 war das Amt […] Hinweisen auf Spionage gegen Regierungsmitglieder
nachgegangen […]. Mit Hubschrauberüberflügen seien damals Wärmebilder von verdächtigen Botschaften in Berlin erstellt worden, in denen die Deutschen feindliche
Abhörtechnik vermuteten. Auch mit anderen Maßnahmen wie der Messung von Funkstrahlen habe man die Botschaften ‚genau unter die Lupe genommen‘. Der Verdacht
auf Spionage hatte sich dabei so verdichtet, dass der damalige Bundesinnenminister
Otto Schily (SPD) den Regierungsmitgliedern die Nutzung von ungesicherten Handys
schließlich untersagte.“1530
Der Zeuge Wingerath hat zudem erläutert, wie man mit den gewonnenen Erkenntnissen umging:
„Wir haben die Ergebnisse dieser Flüge und natürlich der Bewertung der unter anderem mithilfe dieser Flüge gemachten Erkenntnisse in Lagebildern dargestellt, speziell
was die Sicherheit Berlin-Mitte, also rund um dieses Haus, betrifft. Und da haben wir
1525)
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1530)
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 18 f.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 19.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 86.
Wingerath, Protokoll-Nr. 98 I, S. 19.
Kaller, Protokoll-Nr. 106 I, S. 7.
Focus vom 4. November 2013 „Regierung im Fadenkreuz“.