Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1587 –

Drucksache 18/12850

beschluss zur Einordnung beigezogener Materialien, dass Beweismittel immer als MAT A, B oder C bezeichnet werden.8568 Die im Chausseestraßenverfahren zu dieser Operation bereitgestellten Dokumente haben eine solche Bezeichnung nicht erhalten und sind auch in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages nicht registriert worden. Genau genommen hat der BND den Parlamentarier_innen Einsichtnahme
gewährt. Die Einsichtnahme erfolgte nicht nur aufgrund nach Auffassung des BND und der Bundesregierung
zu konsultierender und nicht freigegebener Unterlagen unvollständig. Eine Verwertung für die Ergebnisse
des Ausschusses ist nur sehr oberflächlich möglich gewesen.
Parlamentarische Kontrolle hat aus den vorgenannten Gründen auch in diesem Fall zu keinem Zeitpunkt
stattgefunden. Entgegen der Auffassung von Bundesregierung, BND und Großer Koalition verdeutlichen die
Details der geplanten Operation, dass seitens der Nachrichtendienste die Kooperationsbereitschaft von konkreten Nutzungserwartungen abhängig ist. Tatsächlich sind ausländische Nachrichtendienste nicht berechtigt
in Deutschland Kommunikationsdaten zu erheben. Diese Möglichkeit ist allein den deutschen Behörden
durch gesetzliche Eingriffsgrundlagen eröffnet (§§ 100a StPO, BKAG, Artikel 10-Gesetz). Wenn ausländische Dienste an den Ergebnissen solcher Erfassungen teilhaben bzw. diese durch eigene Steuerungsmerkmale
(Selektoren, Suchbegriffe, Telekommunkationsmerkmale) sogar beeinflussen können und deutsche Behörden als Gegenleistung auch Technik bzw. technische Expertise erhalten, handelt es sich um ein Tauschgeschäft. Die Merkmale dieses Geschäfts haben verschiedene Zeug_innen des BND und auch des Bundeskanzleramtes immer wieder beschrieben. Dass der Austausch von Informationen zwischen den Nachrichtendiensten als notwendiges „Geben und Nehmen“ bezeichnet wird, kann letztlich nur die Motive der Beteiligten
weichzeichnen. Die Rechtswidrigkeit der Erfassungen bei den Operationen EIKONAL („G 10-Legende“ und
Steuerung von Selektoren gegen geltendes Recht) und GLO[...]8569 (unter Legende erschlichener rechtswidriger Zugang zu Kommunikationsverkehrsdaten unter Bruch des Telekommunikationsgeheimnisses) wird
hiervon nicht beeinflusst.
Erkennbar geworden ist, dass bis zu den Veröffentlichungen der Dokumente von Edward J. Snowden ein
derartiges Vorgehen für den BND auch bei einer Kooperation mit einem britischen Nachrichtendienst vorstellbar war. Dass das Projekt gestoppt wurde, war eine unmittelbare Folge der Veröffentlichungen. Allein
dies muss als – wenn auch zufälliger – Erfolg des öffentlichen Diskussionsprozesses gewertet werden. Ein
Verständnis für die Problemhaftigkeit des beabsichtigten Erfassungsansatzes gemeinsam mit dem britischen
Dienst war weder im BND noch in der die Aufsicht führenden Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes vorhanden.
Die von britischer Seite offerierten technischen Verlockungen8570 hatten den BND erneut dazu bewegten,
trotz fortbestehender Filterproblematik zum Schutz betroffener Bürgerinnen und Bürger einschließlich der
Reichweite des zu gewährenden Rechtsschutzes nicht allein für deutsche Staatsangehörige und Firmen eine

8568)
8569)
8570)

Beschluss 4 zum Verfahren: Verteilung von Ausschussdrucksachen, Beweisbeschlüssen und Ausschussmaterialien.
Der dieser Textfassung entnommene Text ist in der von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages in der Geheimschutzstelle des
Deutschen Bundestages auf A-Drs. 596 unter Tgb.-Nr. 301/17-GEHEIM einsehbaren Textfassung enthalten.
So u. a. Spiegel Online vom 1. Mai 2015 „Operation Monkeyshoulder – BND plante weitere Geheimdienstkooperation am Kanzleramt
vorbei“,
http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/geheimdienstkooperation-des-bnd-operation-monkeyshoulder-a1031643.html, Stern vom 2. Juni 2015, „BND-Chef verschwieg lange Operation Monkeyshoulder“ http://www.stern.de/investigativ/operation-monkeyshoulder--bnd-chef-verschwieg-umstrittenes-ausspaehprojekt-vor-kanzleramt-6206512.html (abgerufen am
16.6.2017),

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