Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

– 1585 –

Drucksache 18/12850

kennbar nicht auf diesen Operationsabschnitt beschränkt war. Die jahrelange Praxis des BND bei der Überwachung vermeintlich ungeschützter Ausland-Ausland-Verkehre musste in der praktischen Umsetzung immer auch mit einer inhaltlichen Auswertung von Kommunikationsinhalten zur Feststellung der Identität der
Kommunikationsteilnehmer_innen und zur Beachtung des Kernbereichsschutzes einhergehen.
Die Operation GLO[...]8558 ist nach den Feststellungen des Untersuchungsausschusses ohne jedenfalls formelle Kenntnis des Bundeskanzleramtes als zuständiger Fachaufsicht und auch ohne Kenntnis des Bundesinnenministeriums – welches für die Anordnung von Beschränkungsmaßnahmen entsprechend § 10 Artikel 10Gesetz zuständig war – erfolgt. Dieser Umstand gibt angesichts weiterer Ergebnisse der Beweisaufnahme
Anlass für die Feststellung, dass im Arbeitsverhältnis zwischen Fachaufsicht, Anordnungsbehörde und ausführender Behörde die Beachtung wesentlicher formeller Voraussetzungen behördlichen Handelns einschließlich der Grundrechtsbindung als unbeachtlich betrachtet wurde. Dafür spricht auch, dass nach übereinstimmenden Angaben der Zeug_innen die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den erfassten und verarbeiteten Kommunikationsdaten überhaupt nichts erbracht haben. Obwohl § 11 Abs. 2 S. 1 Artikel 10-Gesetz die
sofortige Beendigung der Überwachungsmaßnahme verlangt, dauerte die Operation nahezu 2 Jahre an. Soweit sich auch ehemalige Vertreter_innen des Bundeskanzleramtes entrüstet darüber geäußert haben, ist dies
der Befragungssituation in der öffentlichen Ausschusssitzung geschuldet. Diese eher taktische Positionierung
steht dem gegenüber, dass dem BND grundsätzlich der Eindruck vermittelte wurde, dass man mit dem Vorgehen grundsätzlich einverstanden sei.
Auch eine Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) ist dementsprechend unterlassen
worden. Aus § 1 PKGrG ergibt sich, dass die Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes unter dem Gesichtspunkt der parlamentarischen Kontrolle unmittelbar der Bundesregierung zugerechnet wird. Dass die Bundesregierung, insbesondere das Bundeskanzleramt keine Kenntnisse über das Vorgehen des BND bei der Operation GLO[...]8559 hatte, vermag sie diesbezüglich nicht zu entlasten. Denn der BND ist dem Bundeskanzleramt unmittelbar zu- und untergeordnet (§ 1 Abs. 1 BNDG). Auch insoweit ist festzustellen, dass auch hier
die grundsätzlich erforderliche Unterrichtung der parlamentarischen Gremien als lästige Förmelei und vermutlich eher kontraproduktiv angesehen wurde. Ob zwischen den beteiligten Diensten eine Geheimhaltung
vor den aufsichtführenden Stellen und Gremien planmäßig verabredet wurde, ist sehr naheliegend, aber angesichts nicht offengelegter Unterlagen nicht mit letzter Sicherheit feststellbar. Jedoch lassen die auch innerhalb des BND erwogenen Risiken (Strafbarkeit der Beteiligten, Schadensersatzansprüche, öffentliche Empörung bei Bekanntwerden) den Rückschluss zu, dass eine Offenlegung durch den BND planmäßig unterlassen wurde.
Abschließend lässt das Vorgehen des beteiligten amerikanischen Nachrichtendienstes den Rückschluss zu,
dass derlei verdeckte Abgriffe unter Inanspruchnahme und Verpflichtung US-amerikanischer Konzernmütter
die Rechte der Bürgerinnen und Bürger verletzt, deren Daten von deutschen Konzerntöchtern verarbeitetet
werden. Solche Überwachungsmaßnahmen sind strafrechtlich nach den §§ 93 ff., 201 ff. StGB und § 148

8558)
8559)

Der dieser Textfassung entnommene Text ist in der von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages in der Geheimschutzstelle des
Deutschen Bundestages auf A-Drs. 596 unter Tgb.-Nr. 301/17-GEHEIM einsehbaren Textfassung enthalten.
Der dieser Textfassung entnommene Text ist in der von den Mitgliedern des Deutschen Bundestages in der Geheimschutzstelle des
Deutschen Bundestages auf A-Drs. 596 unter Tgb.-Nr. 301/17-GEHEIM einsehbaren Textfassung enthalten.

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