Drucksache 18/12850
– 1374 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
IV.
Bundespolizei / angebliche Festnahme durch US-Bedienstete
1.
Kritische Berichterstattung
Mitte November 2013 berichtete die Presse im Rahmen der Serie zum „Geheimen Krieg“ auch über den
Hacker Aleksandr S., der am Frankfurter Flughafen verhaftet, an die USA ausgeliefert und 2012 wegen Kreditkartenbetrugs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war. Über die Verhaftung selbst war bereits 2008
berichtet worden. Der unter dem Pseudonym „Jonny Hell“ bekannte estnische Staatsbürger sei demnach
schon im Verlauf des 3. März 2008 in Frankfurt am Main observiert und am Flughafen von Mitarbeitern des
Secret Service festgesetzt sowie an die Bundespolizei übergeben worden. Die Bundespolizei habe S. nach
Rücksprache mit der diensthabenden Staatsanwältin auf Grundlage der Kopie eines kalifornischen Haftbefehls festgesetzt. Ein internationaler Haftbefehl habe nicht vorgelegen. Der Haftbefehl sei erst eine Woche
später ausgestellt worden.
Behauptet wurde in diesem Zusammenhang auch, mehr als 50 Mitarbeiter des Secret Service, des US-Heimatschutzministeriums und der US-Einwanderungs- und Transportbehörden entschieden an deutschen Flugund Seehäfen eigenständig und anhand eigener und intransparenter sogenannter „No-Fly“-, „Selectee“- und
„Terrorist Watch“-Listen, wer ein Flugzeug besteigen oder welcher Container verladen werden dürfe. Offiziell gäben sie nur Warnhinweise auf gefährliche Personen, die faktisch jedoch zu Reiseverweigerungen seitens der Fluglinien führten. Die Presse stellte in ihrer Berichterstattung die Souveränität des Handelns deutscher Stellen in Frage, die hoheitliche Maßnahmen von US-Diensten in Deutschland duldeten, aber deutsches
(Straf-)Recht gegenüber den USA nicht durchsetzten.
Dem Ausschuss wurden zu diesem im Untersuchungsauftrag explizit angesprochenen Sachverhalt Akten
vorgelegt. Nach deren Auswertung hat keine Fraktion die Ladung einer Zeugin oder eines Zeugen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts gefordert.
2.
Hintergründe
Der Sachverhalt stellt sich dem Ausschuss nach Auswertung der vorgelegten Akten wie folgt dar: Am
3. März 2008 wurde der estnische Staatsbürger Aleksandr S. am Flughafen in Frankfurt am Main von Mitarbeitern der Bundespolizei vorläufig festgenommen. Ein Haftbefehl des US-Bundesstaates Kalifornien vom
8. Februar 2008 (Az. 08MJ0370) sowie ein Festnahmeersuchen von Interpol Washington vom 19. Februar 2008 war am Vormittag des 3. März 2008 vom Verbindungsbüro des Secret Service im US-Generalkonsulat in Frankfurt am Main übermittelt worden. S. wurde Kreditkartenbetrug in einem besonders schweren Fall zur Last gelegt. Zur Klärung des Sachverhalts wurde S. gegen 22.00 Uhr zunächst angehalten und in
die Wache der Bundespolizei verbracht.
Da ein internationaler Haftbefehl (Festnahmeersuchen gem. §19 IRG) zum Zeitpunkt der vorläufigen Festnahme noch nicht vorlag, hielt die Bundespolizei gegen 23.00 Uhr Rücksprache mit der Abteilung für Rechtshilfeangelegenheiten des zuständigen Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, welche die Rechtmäßigkeit der
Festnahmeanordnung fernmündlich bestätigte. Das Festnahmeersuchen von Interpol Washington wurde am
4. März 2008 um 00.38 Uhr offiziell an das zuständige Bundeskriminalamt übermittelt. Gemäß § 22 IRG