Drucksache 18/12850
II.
– 1364 –
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Befragungen von Asylbewerbern durch die Hauptstelle für Befragungswesen (HBW)
im Rahmen des sogenannten Integrierten Befragungswesens
Der Ausschuss hat Befragungen von Zeugen des BND zum Themenkomplex „Hauptstelle für Befragungswesen (HBW)“ sehr intensiv durchgeführt, da der Untersuchungsauftrag hierauf explizit Bezug genommen
hatte. In Presseberichten war behauptet worden, Mitarbeiter von US-Nachrichtendiensten hätten in Deutschland allein Asylbewerber befragt und Informationen, die unter anderem für gezielte Tötungen durch
US-Streitkräfte genutzt worden seien, unmittelbar an US-Dienste weiter geleitet.
Der Ausschuss kam zu dem Ergebnis, dass es zwar in wenigen Fällen zu alleinigen Befragungen von Asylbewerbern in Deutschland durch US-Personal gekommen war, die Bundesregierung diese Praxis jedoch frühzeitig untersagt hat. Für rechtswidrige Informationsübermittlungen durch die HBW oder durch US-Personal
bei der HBW hat der Ausschuss keine Anhaltspunkte finden können.
Die HBW wurde 1958 im Zuge der Übernahme des bereits nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten
etablierten Befragungswesens durch den BND gegründet und diente seither der Durchführung von Befragungen von Flüchtlingen, Asylbewerbern, Aussiedlern sowie Spätaussiedlern nach deren Ankunft in der Bundesrepublik Deutschland. Ziel war insbesondere die Gewinnung von anderweitig nicht verfügbaren Erkenntnissen von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung über die Herkunftsländer der nach Deutschland einreisenden Personen. Die Verwendung der Legende „HBW“ diente dazu, die Befragten und deren Angehörige
in den Heimatstaaten zu schützen. Die Kooperation der Befragten mit dem BND sollte auf diesem Weg verschleiert werden – auch um den Befragten die Möglichkeit zu geben, eine Zusammenarbeit mit einem deutschen Nachrichtendienst abstreiten zu können. Die HBW unterstand nach ihrer Legende formal der Aufsicht
des Bundeskanzleramts, war jedoch eine Arbeitseinheit des BND und thematisch und regional entsprechend
dem Auftragsprofil der Bundesregierung tätig – etwa zu Einsatzländern der Bundeswehr wie Afghanistan.
Die Bundesregierung bestätigte die Zugehörigkeit der HBW zum BND erstmals am 28. November 2013. Die
HBW wurde durch den BND bereits seit längerem einer Effizienzkontrolle unterzogen und zum
30. Juni 2014 aufgelöst. Das Missverhältnis zwischen der Zahl der Mitarbeiter und der Anzahl der durchgeführten Befragungen wurde auch im Ausschuss kritisch hinterfragt. Die Mitarbeiterzahl der HBW war zuvor
– auch aufgrund der seit dem Ende der 1990er Jahre zurückgehenden Zuwanderungszahlen – stetig gesunken,
von 260 im Jahr 1991 über 80 im Jahr 2000 und 50 im Jahr 2012 auf zuletzt noch 40. Vor dem Jahr 2010
wurden von der HBW jährlich zwischen 500 und 1000 Vorgespräche geführt, aus denen sich 50 bis 100
Befragungen ergaben. Zwischen 2000 und 2005 wurden 4.639 Vorgespräche mit Aussiedlern (1,22% aller
Aussiedler in dieser Zeit) und daran anschließend 358 Befragungen geführt. Zwischen 2010 und 2013 wurden
jährlich 500 bis 800 Vorgespräche geführt, im Ergebnis wurden im Anschluss 200 bis 300 Personen befragt.
1.
Zusammenarbeit mit Partnerdiensten
Seit Bestehen der HBW waren an den Befragungen alliierte Partnerdienste beteiligt. Die historisch gewachsene Zusammenarbeit mit alliierten Partnerdiensten, darunter namentlich der vom Untersuchungsauftrag umfassten US-amerikanischen Defense Intelligence Agency (DIA), war ein zentrales Element des sogenannten
Integrierten Befragungswesens. Daneben gab es auch Befragungen, die nur von BND-Personal durchgeführt